2.1.1.2 Makrorillenplatten

Emile Berliner hat das Grammophon 1887 erfunden. Die Rille ist als Spirale auf der Oberfläche einer Platte angeordnet. Im Allgemeinen erfolgt die Modulation horizontal, im Gegensatz zur vertikalen Modulation bei Zylindern. Nur wenige Plattenformate (Pathé, Edison) haben vertikal geschnittene Rillen. Der große Vorteil der Plattenform, abgesehen von der leichteren Aufbewahrung, liegt in der Möglichkeit der einfachen Herstellung galvanoplastischer Negative zur Vervielfältigung durch Pressung. Da die Zahl der möglichen Abpressungen limitiert ist, wird das erste Metallnegativ („Vater“) nur zur Herstellung eines Metallpositives („Mutter“) herangezogen, die ihrerseits zur Produktion einer unbegrenzten Zahl von Pressmatrizen („Söhne“) dienen. Diese zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte Methode dient heute noch zur Herstellung von Mikrorillenplatten („Vinyls“) und für die Produktion replizierter CDs, DVDs und BDs.


Abb. 4: Das Aufnahmeprinzip von Makro- und Mikrorillenplatten.

 

2.1.1.2.1 Vervielfältigte Makrorillenplatten. Die Mehrheit der Makrorillenplatten – die sogenannten Schellackplatten – bestehen aus einer Mischung von Mineralmehlen, die von Bindemitteln, ursprünglich Schellack, gebunden werden. Die Mineralien sind chemisch im Allgemeinen sehr stabil, sofern sie unter halbwegs trockenen Bedingungen gelagert werden. Allerdings sind die Platten fragil und zerbrechen, wenn sie fallen gelassen werden. Abgesehen von Schellackplatten gibt es andere Plattentypen in geringeren Zahlen aus verschiedenen Materialien, oft von geringerer Stabilität, wie etwa die Edison Diamond Discs, die sehr feuchtigkeitsempfindlich sind.8

2.1.1.2.2 Aufnahmeplatten (Direktschnittplatten, Selbstschnittfolien, „instantaneous discs“) waren vor der Einführung des Magnetbandes in den Rundfunkanstalten weit verbreitet, Sie ermöglichten direkte Aufnahme und Wiedergabe ohne galvanoplastische Verarbeitung und Abpressung. Ihre Oberflächen waren weich genug, um einen Rillenschnitt zu erlauben und hart genug, um mehrere Anspielungen zu gestatten. Sofern sie nicht unmittelbar durch ihr Aussehen erkennbar sind, können praktisch alle Aufnahmeplatten durch ihre hand- oder maschinengeschriebenen Etiketten erkannt werden.

Es gibt homogene Platten, die aus einem einheitlichen Material bestehen, zum Beispiel Aluminium, Zink, PVC oder Gelatine, und laminierte Platten, bei denen der Kern und die Oberfläche mit ihrer geschnittenen Rille aus verschiedenen Materialien bestehen.

2.1.1.2.2.1 Lackplatten (Lackfolien). Die weitest verbreitete Form von Aufnahmeplatten stellen die laminierten Lackplatten oder „Azetatplatten“ dar. Die Information trägt der Lacküberzug, der meist aus Zellulosenitrat mit den Weichmachern Castor-Öl oder Kampfer besteht. Die Kerne, die die informationstragende Schicht stützen, bestehen allgemein aus Metall, meist Aluminium oder Zink, bisweilen auch aus Glas, Karton oder Papier.

Lackplatten können leicht identifiziert werden, weil ihr Kernmaterial an den Rändern bzw. im Mittelloch zwischen den Lackschichten sichtbar ist.

Zellulosenitrat zersetzt sich kontinuierlich mit fortschreitender Zeit durch den Kontakt mit Luftfeuchtigkeit und Sauerstoff. Dieser Prozess erzeugt Säuren, die als Katalysator diese hydrolytischen Prozesse verstärken. Der fortschreitende Prozess, verbunden mit dem Verlust von Weichmachern, verursacht zunehmende Versprödung sowie ein Schrumpfen der Lackschicht.

Da aber der Lack auf einem starren Material aufgetragen ist, führen die inneren Spannungen letztlich zum Rissigwerden bis hin zur Absplitterung der Lackschicht, und damit zum Verlust der signaltragenden Schicht. Die mechanische Instabilität der Kernschichten aus Karton bzw. Papier führt oft zu Unebenheiten oder aufgebrochen Oberflächen, während Platten aus Glas oft zerbrechen.


Abb. 5: Zerfall einer Lackplatte mit einem Metallkern zwischen 1990 – 2001.

 


Abb. 6: Lackplatte auf Kartonbasis im Zug der Alterung (Stig-Lennard Molneryd).

Weil die inneren Spannungen schwer zu erkennen sind, sollten Lackplatten nicht mechanischen und thermischen Belastungen ausgesetzt werden. Da die weitere Lebenserwartung unvorhersagbar ist, sollten die auf solchen Platten aufgenommen Signale ehestens in digitale Files überspielt werden, bevor sie verloren gehen.

2.1.1.2.2.2 Andere Aufnahmeplatten. Neben den Lackplatten sollten auch alle anderen Aufnahmeplatten unabhängig von ihrer jeweiligen Zusammensetzung als gefährdet eingestuft werden.


8. Zu frühen Makrorillenplatten siehe St-Laurent 1996.