Behandlung und Lagerung von Audio- und Videoträgern

TC05 IASAThis is the Deutsch web edition of IASA-TC 05, Behandlung und Lagerung von Audio- und Videoträgern. It is also available in other languages - please see IASA Special and Technical Publications 

Recommended citation style:
IASA Technisches Komitee, Behandlung und Lagerung von Audio- und Videoträgern, Herausgegeben von Dietrich Schüller und Albrecht Häfner. German translation, 2019. (= Standards, Praxisempfehlungen und Strategien, IASA-TC 05).

Table of contents:

Publication Information

Technisches Komitee
Standards, Praxisempfehlungen und Strategien

Behandlung und Lagerung von Audio- und Videoträgern
IASA-TC 05

Herausgegeben von Dietrich Schüller und Albrecht Häfner

unter Mitarbeit von:
George Boston, Kevin Bradley, Mike Casey, Stefano S. Cavaglieri,
Jean-Marc Fontaine, Lars Gaustad, Albrecht Häfner, Stig-Lennard Molneryd,
Richard Ranft, Dietrich Schüller und Nadja Wallaszkovits

Gastautoren:
Friedrich Engel, Patrick Feaster, und Sebastian Gabler

Angenommen von den Mitgliedern des Technischen Komitees der IASA

Eine Publikation der Internationalen Vereinigung der Schall-und audiovisuellen Archive.
Ein Leitfaden für Archive zur professionellen Bewahrung von audiovisuellen Dokumenten.
Mit Literaturhinweisen und einem Sachregister

ISBN: 978-0-9930690-3-1

Copyright: International Association of Sound and Audiovisual Archives (IASA) 2019

Layout by Roger Christian, United Kingdom
https://www.linkedin.com/in/roger-christian/

Übersetzung der Originalausgabe 2014
Handling and Storage of Audio and Video Carriers
in Übereinstimmung mit den Anleitungen für die Übersetzung von IASA Publikationen
(https://www.iasa-web.org/guidelines-translating-iasa-publications)
von Dietrich Schüller und Albrecht Häfner

The International Association of Sound and Audiovisual Archives is a company limited by guarantee in the UK. Registered office address: Kemp House 152, City Road, London EC1V 2NX

1 Einleitung

1.1 Von der Bewahrung des Trägers zur Bewahrung des Inhalts

Rund um 1990 setzte eine substantielle Änderung des Bewahrungsprinzips für audiovisuelle Dokumente ein: Bis dahin folgte die Bewahrung von Audio- und Videodokumenten dem immer noch für Archive von Textdokumenten und für Museen gültigen Prinzip, nämlich die Bewahrung der anvertrauten Objekte.

Zu dieser Zeit jedoch begannen Schallarchivare zu verstehen, dass letztlich die Verfolgung dieses Prinzip unmöglich wäre. Es war klar – und das ist der Gegenstand dieser Publikation – dass Ton- und Videodokumente verletzlich und viele im Vergleich zur Mehrzahl der Textdomente instabil sind. Überdies ist für sie als maschinenlesbare Dokumente die Verfügbarkeit der Abspielmaschinen von ebensolcher Voraussetzung wie die Integrität ihrer Träger.

Zu dieser Zeit war es auch offenkundig, dass die digitalen Technologien mit ihrem Innovationstempo immer neue Formate in immer rascher werdender Folge mit immer kürzeren Lebenszeiten hervorbringen. Dies brächte den Archiven die zusätzliche Herausforderung, die formatspezifischen Abspielgeräte für eine stetig steigende Anzahl von Formaten in betriebsbereitem Zustand zu halten.

Dies führte zu einem Paradigmenwechsel: Bewahre den Inhalt, nicht den originalen Träger war das neue Schlagwort.

Dieses Ziel wird durch das Kopieren der Inhalte von einer Konservierungsplattform zur nächsten erreicht. Um analoge Kopierverluste zu vermeiden, werden die Kopien digital hergestellt, analoge Inhalte folglich zunächst digitalisiert und zusammen mit frühen trägerbasierten digitalen Inhalten in Files verwandelt. Diese werden wie alle anderen Computerfiles von entsprechend ausgestatteten und verwalteten digitalen Repositorien bewahrt.

Während zunächst dieses neue Paradigma nicht ohne Kontroversen akzeptiert wurde, so setzte es sich doch für den Bereich der Schallarchivierung in den frühen 1990er Jahren durch und wurde auch bald im Videobereich angewandt. Mittlerweile findet dieses Prinzip auch wegen des globalen Wechsels von analoger zu digitaler Filmprojektion und dem damit verbundenen Rückgang der Produktion von analogem Rohfilm bei der Filmarchivierung immer weitere Anwendung.

1.2 Die Rolle der IASA

IASA-Mitglieder waren aktive Proponenten dieses Prozesses, und IASA hat auch als Organisation stets eine offene Plattform für diese Entwicklung dargestellt. Konsequenter Weise wurde dieses Prinzip durch das Technische Komitee der IASA als Standard kodifiziert: The Safeguarding of the Audio Heritage: Ethics, Prindiples and Preservation Strategy, allgemein als IASA-TC 03 bezeichnet. Es ist derzeit in seiner dritten Version1 in acht Sprachen verfügbar. Die Kernbotschaft lautet:

Die Langzeit-Bewahrung von Tondokumenten kann nur durch die Umwandlung der Inhalte in Files und deren Erhaltung wie alle anderen Computerdaten erzielt werden.

Nach der Kodifizierung dieses Prinzips hat IASA konsequenter Weise 2004 IASA-TC 04, Production and Preservation of Digital Audio Objects, publiziert und bereitet IASA-TC 06, Production and Preservation of Digital Video Objectsvor.

Weitere (aktuelle) Informationen über die Publikationen der IASA finden sich unter https://www.iasa-web.org/iasa-publications.
 


1 Anmerkung der Übersetzer 2019: Diese Richtlinie ist mittlerweile 2017 in einer vierten Ausgabe erschienen, die auch Video und Film miteinschließt, von der auch eine deutsche Übersetzung vorliegt: https://www.iasa-web.org/iasa-special-and-technical-publications

2 Anmerkung der Übersetzer: Mittlerweile unter dem Titel Guidelines for the Preservation of Video Recordings in seinen ersten drei Teilen erschienen https://www.iasa-web.org/tc06/guidelines-preservation-video-recordings

1.3 Der Zweck dieser Publikation

Warum publiziert IASA dieses Dokument jetzt am Ende der Ära der traditionellen audiovisuellen Träger?

Es ist richtig, dass ein wesentlicher Anteil der weltweiten Audio- und Videobestände3 – typischer Weise die im Besitz von Rundfunkanstalten und nationalen Archiven wohlhabender Staaten – bereits digitalisiert wurde oder ihre Digitalisierung zur Langzeit-Sicherung bevorsteht. Obwohl das neue Prinzip der audiovisuellen Langzeit- Bewahrung zu Ende des 20. Jahrhunderts allgemein akzeptiert war, ist immer noch ein Teil des audiovisuellen Erbes nur auf ihren originalen Trägern aufbewahrt, hauptsächlich aus Mangel an finanziellen Mitteln. Es besteht allerdings oft auch ein mangelndes Bewusstsein für die Dringlichkeit der Digitalisierung der Inhalte.

Das Zeitfenster, innerhalb dessen die Digitalisierung abgeschlossen sein muss, wird immer kürzer, zumal der Vorrat an funktionsfähigen Abspielgeräten schwindet. Heute schätzt man diese Frist auf 10-15 Jahre,4 was Maßnahmen zur Optimierung der Lagerbedingungen, besonders für heiße und feuchte Klimazonen, dringlich macht. Ziel dieser Publikation ist es, den Verantwortlichen von Sammlungen eine Hilfestellung bei der Verbesserung ihrer Situation zu bieten, bis eine professionelle Langzeit-Sicherung durch Digitalisierung finanziert und organisiert werden kann.

Darüber hinaus hilft die Verbesserung der Lebenserwartung der Träger den Archiven bei der Einhaltung der Empfehlung von IASA-TC 03, die Originale nach der Digitalisierung zu bewahren und für eine allfällige neue Übertragung unter verbesserten technischen Bedingungen bereitzuhalten.

Keinesfalls dürfen aber diese Richtlinien als vollständige Lösungen missverstanden werden. Es ist gefährlich zu glauben, dass konventionelle Konservierung ein taugliches Prinzip für die langfristige Bewahrung beispielsweise für gemischte Sammlungen („mixed media collections“) darstellen. Alterung und Verfall der Materialen werden unausweichlich letztlich die Wiedergabe der gespeicherten Signale zeitlich begrenzen. Eine noch größere Bedrohung stellt die zunehmende Schwierigkeit dar, Ersatzteile zur Erhaltung der Funktionstüchtigkeit von Wiedergabegeräten aufzutreiben. Für manche Magnetbandformate ist der Gerätemangel bereits prekär. Früher oder später werden so auch sorgfältig erhaltene Träger unspielbar werden. Aktive Bewahrung nach den Prinzipien von IASA-TC 03 und TC 04 ist daher unausweichlich.


 

3. Der weltweite Bestand an Audio-und Videoträgern wird auf 200 Millionen Stunden Abspielzeit einschließlich Duplikate geschätzt.

4. Im Durchschnitt mag dieser Horizont für Magnetbandformate sogar kürzer, für mechanische und optische Träger länger sein. [Anmerkung der Übersetzer: Zurzeit (2019) wird das Ende von Routineübertragungen oft für 2025 vorhergesagt. IASA-TC 3 spricht in seiner 4. Ausgabe von 2030 als kritischem Datum. Im Durchschnitt mag dieser Horizont für Magnetbandformate sogar kürzer, für mechanische und optische Träger länger sein.]

1.4 Gegenstand dieser Publikation, Literaturhinweise und Verweise

ASA-TC 05 konzentriert sich auf Maßnahmen zur Optimierung der physischen und chemischen Integrität von traditionellen haptischen Audio- und Videoträgern, beschränkt auf jene Aufnahmesysteme, die breite Markakzeptanz erfahren haben und 99% (oder mehr) aller Audio- und Videobestände ausmachen. TC 05 ist kein Handbuch von Aufnahmetechnologien, daher behandelt es auch nicht die große Vielfalt von Aufnahmeplatten (Selbstschnittfolien), oder wenig verbreitete Verfahren wie Magnetdraht oder Stahlband, Philips-Miller, Selenophon, etc., sowie mechanische Videoplatten wie TED. Die wesentlichen Aufnahmesysteme werden aber bis zu jenem Grad beschrieben, der ein Grundverständnis von Funktion und Eigenschaften ermöglicht, inwiefern Behandlung und Lagerung die physische und chemische Integrität beeinflussen, bzw. welchen Einfluss Schäden auf die Signalwiedergabe haben.

IASA-TC 05 ist keine bloße Aufzählung von Ge- oder Verboten. Optimale Konservierungsmaßnahmen sind immer ein Kompromiss zwischen verschiedenen, oft gegensätzlichen Parametern, eingebettet in die individuelle Situation einer Sammlung in Bezug auf die klimatischen Bedingungen, das verfügbare Gebäude, das Personal sowie die verfügbaren finanziellen Mittel. Es ist völlig unmöglich, zielführende Empfehlungen zu geben, die allen möglichen Situationen gerecht würden. IASA-TC 05 erklärt die prinzipiellen Probleme und will damit dem Archivar eine Basis vermitteln, auf der eine verantwortungsvolle Lösung für die jeweils spezifische Situation gefunden werden kann. Dies ist etwa der Grund, warum zum Beispiel klimatische Bereiche für die Lagerung empfohlen werden anstelle strenger absoluter Angaben, die nur ein falsches Gefühl der Sicherheit erzeugen, in Wahrheit jedoch stets nur einen Kompromiss darstellen. Daher stellt auch IASA-TC 05 keine generelle Verhaltensregel dar, weil eine solche kaum allen Strukturen, Sammlungsbeständen, Aufgaben, Umgebungsbedingungen und finanziellen Situationen gerecht würde. Archive sind daher gefordert, ihre eigenen Regeln und Vorschriften im Rahmen ihrer Gegebenheiten zu entwickeln.5

Die vorliegenden Richtlinien bestehen aus zwei Hauptteilen: Der erste Teil (Abschnitt 2) erklärt die wesentlichen Typen von Audio und Videoträgern, ihre Zusammensetzung und das Aufnahmeprinzip, die physikalische und chemische Stabilität, sowie die Abnützung durch normales Abspielen.

Der zweite Teil (Abschnitte 3-5) beschäftigt sich mit den Empfehlungen zur Optimierung der Konservierung durch sorgfältige Behandlung und adäquate Lagerung bzw. Transport.

Es wird darauf hingewiesen, dass Reinigung und Restaurierung von Trägern nicht Teil dieser Publikation sind, sondern als Teil der Signalwiedergabe in IASA-TC 04, Kapitel 5, behandelt werden.

Das Literaturverzeichnis enthält Bücher und Artikel, einige in elektronischer Form, die zum „Mainstream“ der audiovisuellen Konservierungsliteratur geworden sind. Im Allgemeinen werden Informationen und Empfehlungen in dieser Publikation, die allgemein akzeptiert und unstrittig sind, nicht referenziert. Allerdings werden Referenzen in jenen Fällen angegeben, die sich auf neue Erfahrungen oder Forschungsergebnisse beziehen, oder wenn Abweichungen von der bisherigen Empfehlungspraxis vertreten werden. Zusätzlich sei darauf hingewiesen, dass dieses Buch auch Primärinformationen, Beobachtungen und Bewertungen auf der Basis der langjährigen Erfahrung der Autoren enthält.

Da sich die vorliegenden Richtlinien auf Behandlung und Lagerung beschränken, wird auf Varianten und Widersprüche zu Publikationen über Zusammensetzung und Alterung von Trägermaterialien generell nicht eingegangen.

Die Verweise zu IASA-TC 04 beziehen sich auf die zweite Auflage (2009).


5. Der „Code of Principles“ des British Library National Sound Archive kann als strukturelles Beispiel dienen. In A. Ward, 1990, Appendix 1.

1.5 Mitarbeiter

Dies ist eine Publikation im Rahmen der Publikationsreihe des IASA Technischen Komitees: Standards, Recommended Practices and Strategies.

Die Beiträge stammen von folgenden Mitgliedern des IASA TC:

George Boston
Kevin Bradley
Mike Casey
Stefano Cavaglieri
Jean-Marc Fontaine
Lars Gaustad
Albrecht Häfner
Stig-Lennard Molneryd
Richard Ranft
Dietrich Schüller
Nadja Wallaszkovits

sowie den Gastautoren

Friedrich Engel
Patrick Feaster
Sebastian Gabler

Sofern nicht anders angegeben stammen die technischen Zeichnungen von Albrecht Häfner und die Fotografien von Dietrich Schüller und Nadja Wallaszkovits.

Die Publikation wurde von den Mitgliedern des Technischen Komitees angenommen.

Dieser Text wurde mit großer Sorgfalt verfasst und geprüft. Er repräsentiert die heutige [2014] Kenntnis und die gegenwärtige Vorausschau von Risiken. Die große Vielfalt der Materialien und der konkreten Umgebungs- und Behandlungsbedingungen werden jedoch vielfach individuelle Lösungen erfordern, für die dieser Text als allgemeine Richtlinie gilt. Zahlreiche Aspekte der physikalischen und chemischen Stabilität der Träger werden heute noch nicht vollständig verstanden. Daher sind weder die Herausgeber, die Autoren, das Technische Komitee noch die IASA als Gesellschaft haftbar für irgendwelche Schäden, die den Empfehlungen oder Meinungen, die in diesem Text ausgedrückt werden, zugeschrieben werden könnten.

Die Herausgeber sind dankbar für Hinweise auf mögliche Auslassungen, Irrtümer, oder Entwicklungen und Erfahrungen, die ein neues Licht auf die hier abgegebenen Empfehlungen werfen.

Gemeinschaftspublikationen, an denen Experten beteiligt sind, die im täglichen Berufsleben stehen, stellen eine besondere Herausforderung dar. Daher hat auch die Fertigstellung dieser Richtlinien länger gedauert als ursprünglich geplant. Die Herausgeber danken den Mitarbeitern für ihre Beiträge, dem Technischen Komitee für seine Revision, den IASA Editoren Bertram Lyons und Richard Ranft für ihre Hilfe und Bemühungen bei der Konversion des Manuskriptes in gedruckte und elektronische Publikationen sowie dem Vorstand und den Mitgliedern der IASA und den übrigen Lesern für ihre Geduld beim Warten auf die Fertigstellung.

Dietrich Schüller
Albrecht Häfner
September 2014

Vorwort zur deutschen Übersetzung
Mit dieser Übersetzung möchten die Herausgeber der ursprünglich englischen Publikation das Thema der Behandlung und Lagerung der traditionellen haptischen Audio- und Videoträger deutschsprachigen Archivaren leichter zugänglich machen. Wenn auch zu einigen konservatorischen Details seit der Publikation des englischen Originals neue Erkenntnisse hinzugekommen sind, so kann man guten Gewissens doch sagen, dass das ursprünglich gesteckte Ziel einer grundsätzlichen Orientierung und Entscheidungshilfe bei Umgang und Bewahrung haptischer Träger mit dem Originaltext immer noch gewährleistet ist. Es handelt sich bei dieser Übersetzung somit um eine Wiedergabe des Originaltextes, wobei zeitliche Textbezüge (z.B. „derzeit“) zur Verdeutlichung in [Klammern] hinzugefügt und, wo angebracht, etwa eine aktualisierte Abschätzung eines Zeithorizonts, als Fußnote mit dem Vermerk „Anmerkung der Übersetzer“ ausgewiesen werden. Ebenso werden weniger geläufige deutsche Termini durch das [englische Original] ergänzt.

Bei der Übersetzung waren wir bestrebt, dem Originaltext eng zu folgen, freilich mit dem Bemühen, ein flüssiges Deutsch anzubieten.

August 2019
(Die Publikation verzögerte sich aufgrund der Covid-19 Pandemie)

2 Typologie der Träger, Aufnahmeverfahren, Zusammensetzung, physische und chemische Stabilität, Abnützung durch Abspielung

2.1 Mechanische Träger

2.1.1 Aufnahmeverfahren

Mechanische Träger stellen die ersten verbreiteten Trägertypen für Schallaufnahme und -wiedergabe dar. Das erste funktionsfähige Verfahren war der Zylinderphonograph, erfunden von Thomas A. Edison 1877,6 verbessert und auf dem Markt gebracht ab dem Jahr 1888. Ursprünglich als Büromaschine für Diktatzwecke entwickelt, wurde er verbreitet für wissenschaftliche Zwecke zu Aufnahmen von Sprache und ethnischer Musik seit 1890 bis in die 1950er Jahre hinein eingesetzt. Zylinder wurden auch als vervielfältigte Tonträger von der phonographischen Industrie produziert. Diese waren aber kommerziell weniger erfolgreich als die Schallplatte, sodass die vervielfältigten Zylinder in den späten 1920er Jahren vom Markt verschwanden, während das Format für Aufnahmezwecke weiter im Einsatz war. Den Markt der vervielfältigten Tonträger beherrschten mechanische Plattenformate vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die 1980er Jahre, in denen sie von der Compact Disc abgelöst wurden.7

Bei der Aufnahme von mechanischen Trägern wird der Schall als Funktion von Luftdruckschwankungen in die Bewegung eines Schneidstichels umgewandelt und in die Oberfläche eines rotierenden Mediums eingraviert. Ursprünglich wird das rein mechanisch ausgeführt: Der Schall wird von einem Trichter eingefangen und bewegt an dessen Ende eine Membrane. Die Membrane ist entweder direkt oder mit einem Hebelsystem mit einem Schneidstichel verbunden, der die Bewegungen der Membrane in die Oberfläche eines rotierenden Wachszylinders oder einer Wachsplatte graviert. Die Wiedergabe erfolgt mittels Umkehrung des Prozesses: eine Abtastnadel wird von der modulierten Rille bewegt und erregt die Membrane, deren Schwingungen durch den Trichter verstärkt werden.

Mitte der 1920er Jahre wird dieser akusto-mechanische Prozess durch ein elektro-magnetisches System abgelöst, bei dem der Schall durch ein Mikrophon in ein elektrisches Signal gewandelt wird, das einen elektrisch angetriebenen Schneidstichel steuert. Die Wiedergabe wird ebenfalls durch ein elektrisches Abnehmersystem verbessert, dessen Signale mit entsprechender Verstärkung die Membranen von Lausprechern bzw., Kopfhören bewegen. In jüngerer Zeit wurden optische, kontaktlose Verfahren zur Wiedergabe mechanischer Träger entwickelt, die allerdings aus mehreren Gründen keine weite Verbreitung gefunden haben. (Zur Signalwiedergabe bei mechanischen Trägern IASA-TC 04, Kapitel 5.2 und 5.3).


6. Der erste Zinnfolien-Phonograph [„tinfoil phonograph“] der Jahre 1877-78, der Aufnahmen durch die Gravierung einer Zinnfolie herstellte, die um einen Zylinder gewickelt war, ist von dem danach entwickelten Zylinderphonograph („cylinder phonograph“) zu unterscheiden, der durch das Schneiden einer Rille eine Aufnahme auf einem (kompakten Zylinder herstellte.

7. Anmerkung der Übersetzer: Die Langspielplatte („Vinylplatte“) hat jedoch in den letzten Jahren ein erstaunliches Comeback erlebt.

2.1.1.1 Zylinder

Bei Zylindern ist die Rille als schraubenförmige Spirale in die Oberfläche eingeschnitten. Die Modulation des Schallsignals erfolgt vertikal (Tiefenschrift, „hill and dale“).


Abb. 1: Aufnahme- und Wiedergabeverfahren bei Zylindern.

Man unterscheidet selbst- (direkt-) geschnittene („instantaneous“) Zylinder von replizierten (vervielfältigten). Vervielfältigung geschah entweder durch einen Kopierprozess von einem Master, von dem eine Anzahl von Kopien („Slaves“) hergestellt werden konnte. Eine andere Methode verwendete ein galvanoplastisch erzeugtes Negativ: das war eine Kupferröhre, die eine „invertierte“ Rille an der Oberfläche ihrer Innenseite aufwies. Sie wurde zur Herstellung von Wachsabgüssen oder von Zelluloid (Celluloseacetat)-Schläuchen herangezogen, die mittels Dampf unter hohen Druck geformt wurden. Diese Zelluloidschläuche wurden dann durch einen Kern aus Gips oder anderen Materialien verfestigt.


Abb. 2: Replizierte Zylinder: Wachs (links), Zelluloid (Mitte), sowie ein „Pathe“ aus Wachs.

 


Abb. 3: Selbst-geschnittene Zylinder: Aus Wachs mit Schimmelbefall (links) und ein „Edison Concert“ (rechts).

Die verschiedenen für Wachszylinder verwendeten Wachszusammensetzungen sind ziemlich stabil, sofern sie richtig gelagert werden. Wachs ist aber sehr anfällig für Schimmelbefall, und es tritt verbreitet Schimmelbefall auf, weil viele Zylinder im Verlauf ihres früheren Lebens unsachgemäß gelagert wurden. Schimmel attackiert die Oberfläche von Zylindern aggressiv und scheint besonders Wachs als Nahrung zu bevorzugen. Zusätzlich ist der Stoffwechselprozess mit der Absonderung von Säuren und Enzymen verbunden, die das Zylindermaterial zusätzlich schädigen. Eine völlige Entfernung ist nicht möglich, daher ist die Verhinderung eines weiteren Schimmelwachstums von größter Bedeutung. Eine chemische Zersetzung kann auch unter jenen Bedingungen entstehen, die Schimmelbildung fördern. Dies kann zu Ausblühungen („efflorescence“) führen, die als Schimmel missgedeutet werden, vermutlich aber auf die Zersetzung von Bestandteilen metallischer Seifen zurückzuführen sind.

Zelluloidzylinder leiden unter der Versprödung ihrer Zellulosenitrat-Oberfläche. Katastrophale Zersetzungen, wie man sie von Nitrofilmen kennt, sind noch nicht beobachtet worden. Mechanisch sind alle Wachszylinder sowie die Gipskerne von Zelluloidzylindern äußerst zerbrechlich.

2.1.1.2 Makrorillenplatten

Emile Berliner hat das Grammophon 1887 erfunden. Die Rille ist als Spirale auf der Oberfläche einer Platte angeordnet. Im Allgemeinen erfolgt die Modulation horizontal, im Gegensatz zur vertikalen Modulation bei Zylindern. Nur wenige Plattenformate (Pathé, Edison) haben vertikal geschnittene Rillen. Der große Vorteil der Plattenform, abgesehen von der leichteren Aufbewahrung, liegt in der Möglichkeit der einfachen Herstellung galvanoplastischer Negative zur Vervielfältigung durch Pressung. Da die Zahl der möglichen Abpressungen limitiert ist, wird das erste Metallnegativ („Vater“) nur zur Herstellung eines Metallpositives („Mutter“) herangezogen, die ihrerseits zur Produktion einer unbegrenzten Zahl von Pressmatrizen („Söhne“) dienen. Diese zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte Methode dient heute noch zur Herstellung von Mikrorillenplatten („Vinyls“) und für die Produktion replizierter CDs, DVDs und BDs.


Abb. 4: Das Aufnahmeprinzip von Makro- und Mikrorillenplatten.

 

2.1.1.2.1 Vervielfältigte Makrorillenplatten. Die Mehrheit der Makrorillenplatten – die sogenannten Schellackplatten – bestehen aus einer Mischung von Mineralmehlen, die von Bindemitteln, ursprünglich Schellack, gebunden werden. Die Mineralien sind chemisch im Allgemeinen sehr stabil, sofern sie unter halbwegs trockenen Bedingungen gelagert werden. Allerdings sind die Platten fragil und zerbrechen, wenn sie fallen gelassen werden. Abgesehen von Schellackplatten gibt es andere Plattentypen in geringeren Zahlen aus verschiedenen Materialien, oft von geringerer Stabilität, wie etwa die Edison Diamond Discs, die sehr feuchtigkeitsempfindlich sind.8

2.1.1.2.2 Aufnahmeplatten (Direktschnittplatten, Selbstschnittfolien, „instantaneous discs“) waren vor der Einführung des Magnetbandes in den Rundfunkanstalten weit verbreitet, Sie ermöglichten direkte Aufnahme und Wiedergabe ohne galvanoplastische Verarbeitung und Abpressung. Ihre Oberflächen waren weich genug, um einen Rillenschnitt zu erlauben und hart genug, um mehrere Anspielungen zu gestatten. Sofern sie nicht unmittelbar durch ihr Aussehen erkennbar sind, können praktisch alle Aufnahmeplatten durch ihre hand- oder maschinengeschriebenen Etiketten erkannt werden.

Es gibt homogene Platten, die aus einem einheitlichen Material bestehen, zum Beispiel Aluminium, Zink, PVC oder Gelatine, und laminierte Platten, bei denen der Kern und die Oberfläche mit ihrer geschnittenen Rille aus verschiedenen Materialien bestehen.

2.1.1.2.2.1 Lackplatten (Lackfolien). Die weitest verbreitete Form von Aufnahmeplatten stellen die laminierten Lackplatten oder „Azetatplatten“ dar. Die Information trägt der Lacküberzug, der meist aus Zellulosenitrat mit den Weichmachern Castor-Öl oder Kampfer besteht. Die Kerne, die die informationstragende Schicht stützen, bestehen allgemein aus Metall, meist Aluminium oder Zink, bisweilen auch aus Glas, Karton oder Papier.

Lackplatten können leicht identifiziert werden, weil ihr Kernmaterial an den Rändern bzw. im Mittelloch zwischen den Lackschichten sichtbar ist.

Zellulosenitrat zersetzt sich kontinuierlich mit fortschreitender Zeit durch den Kontakt mit Luftfeuchtigkeit und Sauerstoff. Dieser Prozess erzeugt Säuren, die als Katalysator diese hydrolytischen Prozesse verstärken. Der fortschreitende Prozess, verbunden mit dem Verlust von Weichmachern, verursacht zunehmende Versprödung sowie ein Schrumpfen der Lackschicht.

Da aber der Lack auf einem starren Material aufgetragen ist, führen die inneren Spannungen letztlich zum Rissigwerden bis hin zur Absplitterung der Lackschicht, und damit zum Verlust der signaltragenden Schicht. Die mechanische Instabilität der Kernschichten aus Karton bzw. Papier führt oft zu Unebenheiten oder aufgebrochen Oberflächen, während Platten aus Glas oft zerbrechen.


Abb. 5: Zerfall einer Lackplatte mit einem Metallkern zwischen 1990 – 2001.

 


Abb. 6: Lackplatte auf Kartonbasis im Zug der Alterung (Stig-Lennard Molneryd).

Weil die inneren Spannungen schwer zu erkennen sind, sollten Lackplatten nicht mechanischen und thermischen Belastungen ausgesetzt werden. Da die weitere Lebenserwartung unvorhersagbar ist, sollten die auf solchen Platten aufgenommen Signale ehestens in digitale Files überspielt werden, bevor sie verloren gehen.

2.1.1.2.2.2 Andere Aufnahmeplatten. Neben den Lackplatten sollten auch alle anderen Aufnahmeplatten unabhängig von ihrer jeweiligen Zusammensetzung als gefährdet eingestuft werden.


8. Zu frühen Makrorillenplatten siehe St-Laurent 1996.

2.1.1.3 Mikrorillenplatten („LPs“, „Vinylplatten“)

Seit den späten 1940er Jahren wurde ein neues Material für die Vervielfältigung von Schallplatten durch Pressung eingesetzt, ein Ko-Polymer aus Polyvinylchlorid (PVC) und Polyvinylazetat (PVA), das für zwei neue Formate verwendet wurde: Die Plattenfirma RCA entwickelte eine 17 cm- Platte (7 Zoll) mit einer Spieldauer von drei Minuten bei 45 Umdrehungen pro Minute – in Bezug auf die Spieldauer eine Fortsetzung der alten Schellackplatte. Columbia startete eine 25 cm (10 Zoll) Platte, später vergrößert auf 30cm (12 Zoll), mit einer Umdrehungszahl von 33 1/3 pro Minute und Spielzeiten von 15 bzw. 25 Minuten. Die amorphe Struktur des Materials verursacht überdies im Vergleich zur Schallackplatte wesentlich weniger Oberflächengeräusche.

Das PVC/PVA Ko-Polymer, umgangssprachlich als „Vinyl“ bezeichnet, ist chemisch sehr stabil. Mit Ausnahme weniger früher Exemplare ist der Durchschnitt der Vinylplatten chemisch in gutem Zustand. Da aber das Material relativ weich ist, ist es empfindlich für Schäden durch Zerkratzen oder Abrieb.

In der Frühzeit wurden geringe Mengen von Mikrorillenplatten mittels Spritzguss aus Styrene hergestellt. Sie können an ihrem leichten Gewicht und der relativ matten Oberfläche – im Gegensatz zu der glänzenden von Vinylplatten – gut erkannt werden. In der Wiedergabe haben sie ein höheres Oberflächenrauschen als Vinylplatten. Stabilitätsprobleme mit diesem LP-Typ wurden nicht beobachtet.

2.1.2 Abnützung durch Wiedergabe

2.1.2.1 Allgemeine Empfindlichkeit. Die mechanische Abtastung verändert bei allen mechanischen Trägern die Rillenform zu einem gewissen Grad. Besonders Zylinder und Makrorillenplatten wurden durch das Abspielen mit historischen Geräten durch die hohen Abtastkräfte und die Trägheit ihrer alten Abspielmechanik beschädigt. Zusätzlich tragen inadäquate Formen und Materialien der Abtastnadeln sowie mangelhafte Bedienung der Geräte zur Beschädigung der Rillen bei. Auch Mikrorillenplatten leiden unter der Wiedergabe mit minderwertigen und schlecht justierten Abspielgeräten. Daher weisen die meisten erhaltenen mechanischen Träger nicht mehr ihre ursprüngliche Rillenform und Signalqualität auf. Hingegen ermöglichen sorgfältig gewählte und justierte Anspielgeräte in Verbindung mit geschickter Bedienung die Wiedergabe aller mechanischen Träger ohne nennenswerte Abnützung.9

Zylinder, frühe Schellackplatten, sowie sämtliche Aufnahmeplatten müssen erfahrenen Spezialisten überlassen werden. Schellackplatten ab ca. 1930 sowie Mikrorillenplatten können aber durchaus von geschickten Mitarbeitern mit besonderer Einschulung digitalisiert werden.

2.1.2.2 Justierung und Wartung von Geräten. Bei konventionellen, schwenkbar gelagerten Tonarmen müssen folgende Parameter sorgfältig eingestellt werden:

  • Die effektive Länge des Tonarms zur Minimierung des unvermeidlichen tangentialen Abtastwinkels;
  • die geeignete Auflagekraft („Nadeldruck“);
  • die passende Anti-Skating Kompensation;
  • die richtige Höheneinstellung des Tonarms (parallel zur Platte im Zustand der Abspielung), um den korrekten vertikalen Abtastwinkel zu erzielen (siehe hierzu IASA-TC 04, 5.2.4, 5.3.4).

Bei tangentialen Tonarmen beschränken sich die Einstellungen auf die Position der Abtastnadel und die Auflagekraft.

Die Wartung umfasst:

  • Regelmäßige Kontrolle und Reinigung der Abtastnadel;
  • gelegentliche Reinigung des Plattentellers und des Antriebsriemens;
  • bei tangentialen Tonarmen die gelegentliche Reinigung der Laufschiene;
  • die gelegentliche Schmierung der Tellerlager mit dünnflüssigem säurefreiem Öl.

Gummi- und Plastikteile dürfen nur mit destilliertem Wasser und milden Spülmitteln gereinigt werden.

Moderne Zylinderspieler müssen in engem Einvernehmen mit den Herstellern gewartet werden.

Die Führung von Logbüchern für jedes einzelne Wiedergabegerät und die sorgfältige Dokumentation aller Justage- und Wartungsarbeiten ist unerlässlich.


9. Sogar Wachszylinder leiden nicht durch wenige Abspielungen, sofern sie von Experten mit modernen, hochqualitativen Geräten und gut gewählten Abtastnadeln durchgeführt werden.
Die optische Wiedergabe von mechanischen Trägern beschäftigt Ingenieure seit Dekaden. Eines der Hauptargumente jedoch – die Vermeidung von Rillenabnützung infolge mechanischer Abtastung –ist nur von theoretischer Bedeutung. Zur optischen Abtastung siehe IASA-TC 04, 5.2.4.1.4.

2.1.3 Strategische Maßnahmen für die Benützung von Beständen mechanischer Träger

Ursprünglich wurden in Rundfunk- und National-Archiven mindestens zwei Exemplare von vervielfältigten Schallplatten gehalten: eines für den Gebrauch, ein zweites „unberührbares“ Exemplar zur Bewahrung. Von Unikaten wie Zylindern oder Aufnahmeplatten wurden ebenfalls mindestens zwei Kopien auf Magnetband hergestellt, eine zum Gebrauch, eine zweite zur Bewahrung. Diese Strategie muss so lange beibehalten werden, bis von allen Beständen Digitalisate für die Langzeitbewahrung hergestellt werden können (IASA-TC 04). In Sammlungen, die noch nicht vollständig digitalisiert werden konnten, löst häufig eine dringende Nachfrage eine bevorzugte Digitalisierung aus.

2.2 Magnetische Träger

Die Magnetaufzeichnung wurde bereits im 19. Jahrhundert entwickelt. Stahldraht- und Stahlbandgeräte wurden in geringem Ausmaß parallel zu Zylindern und Grammophonen eingesetzt. Das Verfahren fand mit der Entwicklung des modernen Tonbandes in den 1930er Jahren weitere Verbreitung.

2.2.1 Aufnahmeverfahren

Ein magnetischer Träger wird an einem Elektromagneten, dem „Aufnahmekopf“ vorbeigeführt. Dieser produziert in Abhängigkeit des aufzunehmenden Signals ein variables Magnetfeld, das dem Träger im Moment des Passierens übermittelt und dort „eingefroren“ wird. Die Wiedergewinnung des Signals erfolgt durch das Vorbeiführen des Trägers an einem Wiedergabekopf (oft identisch mit dem Aufnahmekopf), der die Magnetfelder des Trägers in ein elektrisches Signal rückwandelt. Bei analogen Tonaufnahmen sind die Köpfe stationär. Analoge Videosignale, sowie digitale Audio- und Videosignale benötigen aber eine wesentlich größere Bandbreite, was eine Erhöhung der Aufnahmegeschwindigkeit erfordert. Dies geschieht mit Hilfe eines rotierenden Kopfes, der Spuren mit hoher Geschwindigkeit quer oder schräg über ein Magnetband aufzeichnet, während sich das Band selbst wesentlich langsamer fortbewegt.

Von grundsätzlicher Bedeutung für die optimale Funktion ist der intime Kontakt zwischen Kopf und Magnetträger, weshalb Träger, Maschinen, sowie Lager- und Abspielräume sauber gehalten werden müssen (siehe 3.5.1, und Abb. 25).

Die Besonderheiten von Festplatten sind in 2.2.2 ausgeführt.

Mithilfe des Kerr-Effektes kann magnetische Information auch optisch ausgelesen werden. Dieses Prinzip wird bei magneto-optischen Trägern angewendet (2.3.1.4), ebenso bei Datensicherungsbändern („computer back-up tapes“) mit hoher Datendichte. Die Auslesung analoger Tonbänder mit Hilfe dieses Prinzip blieb im experimentellen Bereich.

2.2.1.1 Magnetbänder

In ihrer m odernen Form wurde die Aufzeichnung auf Magnetband in den 1930er Jahren von AEG Telefunken entwickelt und seit 1936 professionell eingesetzt. Das Verfahren war im Deutschen Rundfunk weit verbreitet, blieb aber wegen des Zweiten Weltkriegs auf Deutschland beschränkt. Es kam nach dem Krieg in die USA, von wo aus es sich weltweit verbreitete. In den späten 1940er und früheren 1950er Jahren wurde es hauptsächlich in den Bereichen Rundfunk- und Phonoindustrie eingesetzt, ab den 1950er Jahren aber wurden auch Geräte für den Heimgebrauch konstruiert, die mit geringeren Geschwindigkeiten sowie Halb- und Viertelspurformaten die Kosten für Magnetbänder senkten, allerdings zu Lasten der Aufnahmequalität. Ebenfalls in den 1950erJahren kamen tragbare, transistorisierte Geräte auf den Markt, die die Herstellung von Tonaufnahmen überall in der Welt möglich machten. Dies führte zu einer sehr regen Entstehung von Tonband-Sammlungen, besonders auch von linguistischen, ethno-musikologischen und kultur-anthropologischen Dokumentationen. In den 1960er Jahren wurden auch Kassettenformate entwickelt, als bedeutendste die Compact Cassette, die bis heute noch (2014) in Verwendung ist.

Zusätzlich zu Magnetbandgeräten wurden in den USA in den 1940er Jahren auch Magnetdrahtgeräte entwickelt, die in den 1950er und 1960er Jahren auch einige Verbreitung in Europa fanden.


Abb. 7: Prinzip der magnetischen Tonaufzeichnung. Bei diesem „linearen“ Verfahren ist die Schreibgeschwindigkeit identisch mit der Bandgeschwindigkeit.

Nach einigen Experimenten wurde die digitale Tonaufzeichnung auf Magnetband in den 1980er Jahren entwickelt. All diese frühen professionellen und semi-professionellen Formate sind heute jedoch obsolet. 1987 wurde R-DAT (Rotary Head Digital Audio Tape), ein digitales Kassetten-Aufnahmeformat, auf den Markt gebracht, das im professionellem wie semiprofessionellen Bereich weite Verbreitung fand, aber seit 2005 obsolet ist. Heute (2014), sind praktisch alle spezifischen Audioformate tot. Aufnahme, Nachbearbeitung und Lagerung sind Teil der IT- (Computer-) Welt mit ihren spezifischen Trägern und Formaten geworden.

Seit 1956 wird Magnetband auch für Videoaufnahmen eingesetzt. Verschiedene professionelle Spulen-Formate wurden entwickelt und waren bis in die späten 1970er Jahre in Gebrauch, gefolgt von analogen und digitalen Kassettenformaten. Für den frühen Heimgebrauch waren seit rund 1970 Spulenformate im Einsatz, seit rund 1980 weitverbreitet Kassettenformate. Von diesen hat VHS (Video Home System) relativ lang überlebt. Für Camcorders („Handy Cams“) wurde ein 8 mm Kassettenformat (Video8, Video Hi8) beliebt, das bis in die frühen 2000er Jahre verbreitet war. Digitale Heimformate gibt es ab 1996. Das Mini DV Format dominierte die Camcorder seit den frühen 2000er Jahren, wurde aber ebenfalls obsolet und durch Aufnahmesysteme mit optischen und Festplatten ersetzt, zuletzt durch Festkörperspeicher [flash cards]. Eine ähnliche Entwicklung nehmen derzeit (2014) die letzten professionellen Videobandformate.


Abb. 8: Prinzip der magnetischen Videoaufzeichnung. Die hohe Bandbreite der Videosignale erfordert hohe Aufzeichnungsgeschwindigkeiten, die durch einen schnell rotierenden Kopf erzielt werden, der dünne Videospuren schräg auf ein Band schreibt, das sich mit wesentlich geringerer linearer Geschwindigkeit bewegt. Dieses Prinzip [helical scan] wird auch für digitale Videoformate sowie R-DAT angewendet.

Die Videoaufzeichnung hat sich ähnlich entwickelt wie die für Audio. Proprietäre Videoformate werden durch Fileformate ersetzt: Aufnahme, Nachbearbeitung und Lagerung sind Teil der IT-Welt geworden.

Einige Video-Kassettenformate sind auch für Audioaufnahmen herangezogen worden (IASA-TC 04, 5.5.7).

Jenseits spezifischer Audio-und Videoformate gehören magnetische Medien zu den meistverwendeten Speichern im IT-Bereich. Magnetbänder spielen eine wichtige Rolle als Sicherungsmedien und Festplatten erleben beeindruckende Zuwachsraten im professionellen wie auch im privaten Gebrauch. Wenn sich auch diese Publikation auf (traditionelle) Audio-und Videobänder konzentriert, so gelten die beschriebenen Grundsätze auch für die magnetischen Computermedien.

2.2.1.1.1 Komponenten von Magnetbändern und deren Stabilität

Magnetbänder bestehen aus zwei Komponenten: die Trägerfolie und die Magnetschicht. Zusätzlich besitzen noch viele Bänder eine Rückseitenmattierung zur Verbesserung der Laufeigenschaften und zur Reduktion elektrostatischer Ladungen.


Abb. 9: Die Schichten eines Magnetbandes.

 


Abb. 10: Schnitt durch verschiedene Tonbänder. Manche Lang- und Doppelspielbänder weisen auch Rückseitenmattierung auf (Friedrich Engel).

2.2.1.1.1.1 Trägerfolien. Im Lauf der Entwicklung von Magnetbändern wurden folgende Trägerfolien verwendet: Papier, Celluloseacetat (CA), Polyvinylchlorid (PVC), Polyester (Polyäthylen Terephthalat, PET, oder PE) und Polyethylen-Naphthalat (PEN).

Celluloseacetat wurde seit Mitte der 1930er Jahren bis zu seinem Auslaufen in den frühen 1970er Jahren verwendet. Erkannt werden die meisten dieser Bänder durch ihre durchsichtigen Bandwickel.

CA ist zwei Alterungsprozessen ausgesetzt: der Hydrolyse, weithin bekannt und gründlich erforscht in der Filmkonservierung als das „Vinegar Syndrom“ (3.1.1.1), sowie dem Verlust des Weichmachers: betroffene Bänder werden spröde.

Im Allgemeinen sind CA-Tonbänder von diesen Prozessen viel weniger betroffen als CA Filme. Das Vinegar Syndrom scheint bis zu einem gewissen Grad von einer kritischen Masse abzuhängen, die bei Tonbändern schwächer auftritt. Während Hydrolyse eindeutig mit hoher Luftfeuchtigkeit korreliert, was die Einhaltung niedriger Werte nahelegt, haben frühere Publikationen (z.B. FIAF, 1.3,11.2.4, 11.2.11.3 mittlere Luftfeuchtigkeitswerte empfohlen, um Weichmacherverlust zu vermeiden. Dies wird in neuerer Literatur nicht aufrechterhalten.

CA-Tonbänder leiden oft auch unter geometrischen Verformungen, die einen intimen Band-Kopf-Kontakt, die Voraussetzung für eine optimale Signalwiedergabe, verhindern. Höherer Bandzug zur Verbesserung des Band-Kopf-Kontaktes ist im Allgemeinen aber wegen der Steifheit der Bänder und der damit bestehenden Bruchgefahr nicht anwendbar.10

Schwere Fälle von beiden Problemen – Hydrolyse und Versprödung – treten hauptsächlich bei deutschen Bändern aus den frühen 1940er Jahren sowie in weiter Verbreitung bei ostdeutschen und sowjetischen Bändern auf, die bis weit in die 1960er Jahre produziert wurden.


 

Abb. 11 und 12: Ein typisch versprödetes CA-Band vor und nach seiner Rekonditionierung (auf eine Spule gewickelt). Der zerfallene Bandwickel kann durch einen „Wickelretter“ (siehe 3.4.2.1 und Abb. 24) gerettet werden.

Auch andere CA-Tonbänder sind von diesen Problemen betroffen. Allerdings sind CA-Bänder aus manchen Fabrikationen immer noch in flexiblem Zustand und gut abspielbar.

Eine tröstliche Erscheinung verdanken wir dem Umstand, dass CA-Bänder brechen, ohne sich vorher zu dehnen (im Unterschied zu PET- Bändern, siehe unten), was normalerweise das Kleben der Bänder ohne den Verlust des aufgenommenen Signals ermöglicht.

PVC-Bänder wurden hauptsächlich in Deutschland von 1944-1972 produziert und weisen bis heute keine systematischen chemischen Veränderungen auf. Es wurde bisher kein Verlust von Weichmacher festgestellt, die Bänder haben ihre Flexibilität bewahrt. Wegen ihrer elektrostatischen Eigenschaften aber sind ihre Wickeleigenschaften beeinträchtigt.

Da praktisch alle PVC-Bänder in Deutschland produziert wurden, ist die Identifikation professioneller Bänder wegen deren Rückseitenbeschriftung leicht. Amateurbänder können an den Aufdrucken am Vorspann identifiziert werden, sofern der originale noch vorhanden ist. Typisch für alle PVC-Bänder ist ihre weiche Plastizität, ein hochwillkommener Vorteil gegenüber CA-Bändern gleichen Alters.

Abgesehen von frühen Experimenten zur Magnetaufnahme in Deutschland in den frühen 1930er Jahren und gelegentlich nach dem 2. Weltkrieg wurden nur wenige Papierbänder in den späten 1940er Jahren in den Vereinigten Staaten produziert.

PET-Bänder haben schrittweise seit den späten 1950er Jahren CA- und PVC-Bänder ersetzt. Sie sind seither für alle Arten von Magnetbandanwendungen eingesetzt worden. PET-Folien sind relativ widerstandsfähig, und systematische chemische Instabilitäten wurden bisher nicht beobachtet.11 Allerding dehnt sich PET aus, bevor es bricht, was zum Verlust aufgenommener Signale führt. Das erfordert Präzision der Wiedergabegeräte und genaue Justage der Bandwickelmechanik, besonders bei der Wiedergabe dünner Bänder.

Die Folienstärken variieren zwischen 30μm für „Normalspielband“ für Ton bis hinunter zu 6μm für dünne Audio- und Videokassettenbänder. Die dünnsten CA- und PVC Bänder sind Doppelspiel-Spulenbänder (15μm stark), während dünnere Bänder nur mit PET- oder PEN-Folien möglich sind. PEN wird für dünne digitale Videobänder sowie für Datensicherungsbänder verwendet.

Um eine stabile Verbindung mit der Pigmentschicht, aber auch mit der Rückseitenmattierung zu gewährleisten, ist die Trägerfolie mit einem dünnen (Bruchteile von μm) Haftvermittler (Primer), versehen, der entweder bereits in der Folienherstellung oder im Prozess des Gusses der Magnetschicht aufgebracht wird.

2.2.1.1.1.2 Magnetische Pigmente. Das erste in den 1930er Jahren verwendete magnetische Pigment war Karbonyleisen. Es wurde schon bald durch Eisennoxid (ɣFe2O3) abgelöst, das für alle Spulentonbänder, alle Compact-Cassetten der Type IEC I und das erste Videoformat (2-Zoll Quadruplex) eingesetzt wurde. ɣFe2O3 ist brauner Rost und chemisch stabil. Wegen der Größe seiner Elementarmagneten ist jedoch seine Fähigkeit beschränkt, eine größere Datendichte aufzunehmen, wie sie bei der Aufnahme mit geringen Geschwindigkeiten und bei schmalen Spuren entsteht. Um den Einsatz kleinerer Bänder zu ermöglichen, die trotzdem die Bandbreite von Videosignalen speichern können, wurde seit den frühen 1970er Jahren Chromdioxid (CrO2) eingesetzt. Chromdioxid und seine Substitute (Kobalt-dotiertes Fe3O4) haben dunkelgraue Farbe und wurden hauptsächlich für analoge Videoformate und für Compact Cassetten der Type IEC II verwendet. Hinsichtlich der chemischen Stabilität wurden bisher keine kritischen Feststellungen gemacht. Seit Mitte der 1970er Jahre wurden auch Zweischichtbänder produziert, bei denen eine Eisenoxidschicht mit einer dünnen CrO2-Schicht überzogen wurde. Als IEC Type III zeichneten sich diese Compact Cassetten durch einen verbesserten Signal-Rauschabstand aus.

Das jüngste Magnetpigment besteht aus Reineisen-Partikeln (MP). Es wird für digitale Videoformate, R-DAT, und Compact Cassetten der Type IV verwendet. Aufgrund seiner chemischen Eigenschaften ist es potentiell der Oxidation ausgesetzt. Nach dem Auftreten solcher Probleme bei frühen Bändern wurden Methoden entwickelt, die bisher ein verbreitetes Auftreten von Oxidation verhindert haben. Trotzdem müssen MP- und ME- Bänder (das sind solche, bei denen die Magnetschicht durch Aufdampfen im Hochvakuum aufgebracht wird) mittel- bis langfristig als potentiell gefährdete Materialen betrachtet werden. Hinsichtlich ihrer Farbe ähneln sie Chromdioxidbändern, allerdings mit einem „metallischen“ Oberflächenglanz.

2.2.1.1.1.2.1 Die Stabilität der magnetischen Information. Ein bestimmender Faktor für die Stabilität der magnetischen Information ist die Koerzitivkraft12 eines magnetischen Materials, wobei in Zuge der Entwicklung Materialien mit immer höherer Koerzitivkraft einsetzt wurden. Für Karbonyleisen beträgt die Koerzitivkraft ca. 150 Oersted (Oe), für durchschnittliche ɣFe2O3 Oxide zwischen 300 und 400 Oe; CrO2 Bänder weisen typisch 600-700 Oe auf, MP und ME Bänder bis zu 1500 Oe. Für Datenbänder kann der Koerzitivwert bis über 2500 Oe betragen.13

Neben externen einwirkenden Magnetfeldern können Temperaturen jenseits des Curiepunkts (3.2.1.5) und Magnetostriktion die magnetische Orientierung verändern.

Unter Magnetostriktion versteht man die Veränderung der magnetischen Orientierung durch mechanische Belastung. Abgesehen von frühen Fe3O4 Bändern ist dieser Effekt aber unbedeutend. Allerdings setzt man Magnetostriktion positiv zur Löschung des unerwünschten Kopiereffektes auf Magnetbändern ein (siehe IASA-TC 04, 5.4.13).

Im Gegensatz zu weit verbreiteten Ängsten geht magnetische Information nicht im Laufe der Zeit verloren: Nach Standards produzierte, bewahrte und behandelte Magnetbänder verlieren nicht ihre magnetischen Aufzeichnungen innerhalb historisch relevanter Zeitspannen.

2.2.1.1.1.3 Pigmentbindemittel. Magnetische Pigmente sind Pulver, die mit Bindemittel zusammengehalten und auf der Bandfolie fixiert werden müssen. In der Frühzeit wurde Celluloseacetat verwendet, gefolgt von Polyurethan Co-Polymeren. Frühe CA-Bindemittel sind für den Abrieb von trockenem Pigment verantwortlich und daher als Risiko einzustufen, was für die CA-Bänder auch ganz allgemein gilt. Im Allgemeinen aber weist die Mehrzahl der Bänder aus späten 1950er und den 1960er- Jahren keine schwerwiegenden Bindemittelprobleme auf.

Bänder aus den 1970er und 1980er Jahren weisen aber leider vielfach instabile Pigmentschichten auf, was sich als Abrieb der Pigmentschicht in Form von klebrigen Ablagerungen äußert, das weithin als „Sticky tape“ bzw. „Sticky shed syndrome“ (SSS) bekannt ist (2.2.1.1.2).

2.2.1.1.1.4 Gleitmittel. Die Magnetschichten enthalten auch Gleitmittel, im Allgemeinen fette Ester, die die Reibung zwischen den Band und den Köpfen vermindern. Die Schicht wirkt wie ein Schwamm, der das Gleitmittel durch Poren bereitstellt, wobei die Gleitmittelmenge für Videobänder wegen der hohen Schreibgeschwindigkeit größer als für Tonbänder ist. Die Porengröße, und damit die Menge der Gleitmittelabgabe, wird durch den Prozess des Kalandrierens im Zuge des Schichtbegusses bestimmt. Manche Gleitmittel haben die Tendenz, auszutreten und an der Bandoberfläche zu kristallisieren, besonders Stearinsäure bei Temperaturen unter 8° C, was die Wiedergabeköpfe verschmiert. Überschüssiges Gleitmittel kann mechanisch unter Zuhilfenahme erhöhter Temperaturen entfernt werden. Das Zuführen von Gleitmitteln („re-lubrication“), das von manchen Webseiten und Publikationen erwähnt wird, ist kritisch zu bewerten, weil es nicht möglich ist, die Zugabe auf die sehr geringe Menge, die gebraucht wird, zu beschränken. Das überschüssige Gleitmittel ist schwer von den Bandführungen, den Köpfen und der Tonwelle [capstan] zu entfernen und kann dann auch andere Bänder, die auf solchen Maschinen abgespielt werden, beeinflussen (Schüller 2014).

2.2.1.1.1.5 Rückseitenmattierung wurde in Deutschland eingeführt, um einen sicheren Umgang mit dem dort im Studiobereich verbreiteten offenen Bandwickeln zu gewährleiten. Die Mattierung ermöglicht einen festen und sicheren Bandwickel ohne das Risiko des Auseinanderfallens. Seit den 1970er Jahren fanden Rückseitenmattierungen weitere Verbreitung für Ton- und Videobänder, wobei durch die Beimischung von Ruß die Leitfähigkeit zur Verminderung der elektrostatischen Aufladung und durch die leichte Rauigkeit die Wickeleigenschaften verbessert wurden.


10. Einige Autoren berichten von einer Verbesserung der Wiedergabe spröder Bänder durch eine vorangehende Lagerung unter hoher Luftfeuchtigkeit, was vorübergehend den Verlust des Weichmachers kompensiert. Jüngst wurden Verfahren entwickelt, die spröde Bänder durch das Zuführen von Weichmachern wieder permanent elastisch machen (Österreichische Akademie der Wissenschaften 2012, Wallaszkovits et al. 2014).

11. Ein theoretisches Zerfalls-Szenario wurde in den 1980er Jahren diskutiert, ist aber nie praktisch aufgetreten.

12. Die Koerzitivkraft eines Materials ist jene Eigenschaft, die Änderungen der magnetischen Orientierung (einschließlich einer Löschung) widersteht. Sie wird durch die Stärke das Magnetfeldes ausgedrückt, das zur Veränderung der magnetischen Orientierung notwendig ist. Je höher die Koerzitivkraft, desto höher ist der Widerstand gegen eine Umorientierung (bzw. Löschung) durch ein externes Magnetfeld.

13. Im Bereich der analogen Tonaufnahme waren die Unterschiede der Koerzitivkraft zwischen den Bändern der wesentliche Grund für die Notwendigkeit der individuellen Einstellung der Vormagnetisierung für jeden Bandtyp.

2.2.1.1.2 Das sogenannte „Sticky Tape“ bzw. „Sticky Shed Syndrome” (SSS)

Seit der Mitte der 1970er Jahre wurden klebrige Bänder und Pigmentabrieb regelmäßig beobachtet. Diese Bänder quietschen oft beim Abspielen durch die Friktion zwischen dem klebrigen Pigment mit den Ablagerungen auf den Bandführungsteilen und Köpfen. Das verschmiert die Köpfe und führt zu einem signifikanten Verlust der Wiedergabe hoher Frequenzen beim Ton bzw. zum totalen Zusammenbruch des Signals bei Video.

Hydrolyse des Pigmentbindemittels ist die häufigste Erklärung des Problems. Da aber diese Form der Hydrolyse bis zu einem gewissen Grad reversibel ist, können solche Bänder wieder spielbar gemacht werden, indem man sie geringer Luftfeuchtigkeit und erhöhten Temperaturen aussetzt (bzw. einer Kombination beider Maßnahmen: siehe hierzu IASA-TC 04, 5.4.3.4).

Jüngste Untersuchungen14 haben jedoch ergeben, dass es zusätzlich eine Reihe weiterer Ursachen für klebrige Bänder gibt: Haftmittelaustritt, Überschuss an Dispersionsmittel, Gleitmittelaustritt, und schließlich ungleiche Verteilung von Härtern. Außer für das letztgenannte Problem, das nicht behebbar ist, sind ähnliche Maßnahmen wie gegen Hydrolyse wirksam: erhöhte Temperaturen,15 gepaart mit mechanischer Reinigung. Dies gestattet die Abspielbarkeit innerhalb eines Zeitfensters, das für die Übertragung des Inhalts ausreichend lang ist.


14. Schüller 2014.
15. Die für solche Prozesse eingesetzten Temperaturen variieren zwischen 60°C (nur für Tonbänder) und 40°C. Da erhöhte Temperaturen die Bänder mechanisch beeinflussen können, was bei Videobändern besonders kritisch ist, und dies einen negativen Einfluss auf das weitere Leben des Bandes haben könnte, wird gegenwärtig empfohlen, die niedrigste Temperatur zu wählen, die noch einen Effekt erzielt.

2.2.1.1.3 Der Herstellungsprozess und die individuelle Unversehrtheit eines Bandes als Stabilitätsfaktoren

Während die chemische Zusammensetzung eine unverzichtbare Basis darstellt, wird dem Produktionsprozess eine noch höhere Bedeutung für die Stabilität der Bänder zugeschrieben: Gussgeschwindigkeit, gute Dispersion der Komponenten, sowie Temperatur und Druck des Kalanders, sind nur einige der Faktoren, die die Stabilität der Pigmentschichten bestimmen. Das kann durchaus zu unterschiedlichen Eigenschaften zwischen den Chargen desselben Bandtyps, bisweilen auch innerhalb derselben Charge führen.

Zusätzlich spielt die physische Integrität der Bandoberfläche eine beutende Rolle. Schlecht gewartete Wiedergabegeräte können die Bandoberfläche zerkratzen, die dann ein Einfallstor für destabilisierende Stoffe wie z.B. Feuchtigkeit ist.

Daher sind chemische Analysen für die Bewertung der Qualität und die Abschätzung der weiteren Lebenserwartung eines Bandes nur beschränkt aussagefähig. Da Zusammensetzung und Produktion von Bändern stark variieren, können Ergebnisse und Empfehlungen, die für einen Bandtyp oder auch nur für eine bestimmte Charge gültig sind, nicht notwendigerweise auf andere und schon gar nicht auf alle Bänder extrapoliert werden. In dieser Hinsicht sind generalisierende Aussagen und/oder Empfehlungen, die auf der Untersuchung weniger, oft nicht einmal identifizierte Bänder beruhen, kritisch zu sehen (Schüller 2014).


Abb. 13: Pigmentverlust: Chemische Reaktion oder schlechte Produktion?


Abb. 14: Seltener Totalverlust der Pigmentschicht. In diesem Fall sehr wahrscheinlich ein Produktionsproblem.

2.2.1.1.4 Abnützung durch Abspielung

Im Unterschied zu mechanischen Trägern können halbwegs moderne und gut erhaltene Bänder mehrere hundert Mal ohne messbaren Verlust der Signalqualität abgespielt werden. Voraussetzung dafür sind allerdings Wiedergabegeräte der letzten Generation in einwandfreiem Wartungszustand. Ältere oder schlecht gewartete Geräte können beim Abspielen Bänder empfindlich beschädigen, sogar zerstören.

2.2.1.1.4.1 Justage und Wartung von Geräten (nur für Wiedergabe). Tonbandgeräte bedürfen der sorgfältigen Einstellung folgender Parameter:

  • Vertikale Position, Azimut, und Umschlingungswinkel des Wiedergabekopfes (unerlässlich ist nach Abschluss der Arbeiten die unverzügliche Rückführung eines Kopfes in die genormte Position, nachdem er zur Kompensation eines fehljustierten Aufnahmekopfes dejustiert worden war;
  • Vertikale Position der Bandführungen zur Sicherstellung eines horizontalen Bandlaufes und zur Vermeidung einer asymmetrischen Position auf Bandspulen und Kernen;
  • Einstellung des Bandzuges für Abspielen und Umwickeln, besonders wenn dünnes Amateurband bzw. brüchige CA- Bänder gespielt werden müssen;
  • Einmessung des Wiedergabeverstärkers in Abhängigkeit von der Bandgeschwindigkeit und der Norm der Wiedergabeentzerrung (die Einmessung ist kopfabhängig, daher verlangen Kopfblöcke für verschiedene Spuren unterschiedliche Einmessungen bzw. Verstärker mit umschaltbaren Voreinstellungen).

Die Wartung umfasst:

  • Die Reinigung der Bandköpfe und Bandführungen (die Frequenz der Reinigung ist vom Abriebverhalten der verwendeten Bänder abhängig). Alle Oberflächen müssen in perfektem Zustand gehalten werden, um ein Zerkratzen der Bandoberflächen (2.2.1.1.3) und Geschwindigkeitsschwankungen zu vermeiden und einen engen Band- Kopfkontakt zu garantieren;
  • Die regelmäßige (tägliche) Entmagnetisierung der Köpfe und Bandführungen;
  • Die Kontrolle der kompletten Einmessung nach jeweils 50 – 100 Betriebsstunden (Kopfzeiten, nicht Einschaltzeiten).

Das Führen von Logbüchern für jedes einzelne Gerät, und die sorgfältige Dokumentation aller Justage- und Wartungsarbeiten ist unerlässlich (IASA-TC 04, 5.4).

2.2.1.1.5 Strategie zur Benützung von Tonbandsammlungen

Obwohl, im Gegensatz zu mechanischen Trägern, Tonbänder mit modernen und gut gewarteten Geräten mehrere hundert Mal ohne messbare Verschlechterung abgespielt werden können, besteht ein statistisches Risiko hinsichtlich einer Bandbeschädigung durch unvorhersehbare Fehlfunktion von Wiedergabegeräten. Besonders dünne Bänder (LP, DP und TP) auf Spulen, sowie alle Kassettenformate sind solchen seltenen, aber unvorhersagbaren Gefahren ausgesetzt. In der Zeit der analogen Träger hat dies zu einer Strategie des Kopierens solch empfindlicher Originalbänder auf robuste Studiobänder sowie zur Herstellung von Arbeitskopien für oft nachgefragte Aufnahmen geführt. Ob nun bereits digitale Repositorien angelegt wurden oder nicht, diese Strategie ist im digitalen Zeitalter genauso gültig, weil die meisten digitalen Audio und Video Originalformate sehr verletzlich sind. CDs und DVDs haben sich als Benutzerkopien sehr bewährt, nicht jedoch für Konservierungszwecke. Wie bei mechanischen Trägern wird auch hier eine Benützungsanfrage oft eine vorgezogene Digitalisierung auslösen.

2.2.2 Festplatten

2.2.2 Festplatten sind als Speicher im Computerbereich seit der Mitte der 1950er Jahre entwickelt worden. Der Prototyp für die heute verwendeten Festplatten war die 1973 entwickelte Winchester Platte. Seit Mitte der 1980er Jahre konnte die Speicherkapazität bei immer geringer werden Preisen stetig gesteigert werden, wodurch Festplatten zum meistgebrauchten Speichermedium sowohl für Kleincomputer, aber vor allem für Massenspeicher geworden sind. Durch diese Entwicklung haben aufnehmbare optische Platten, die in den späten 1990er und frühen 2000erJahren als audiovisuelle Speicher verbreitet waren, an Bedeutung verloren.

2.2.2.1 Aufnahmeprinzip und Bestandteile. Festplatten bestehen aus einer oder mehreren rotierenden Platten, meist aus Aluminium, Glas oder Keramik, die mit einer dünnen (10-20 nm) magnetischen Schicht versehen und auf einer Spindel montiert sind. Im Gebrauch rotieren sie heute zwischen 4.200 und 15.000 UpM. Ein Magnetkopf, manchmal aber auch mehrere für jede Platte, schreiben und lesen die Daten auf die bzw. von den Platten.

Der Kopf ist auf einem motorgetriebenen Aktuatorarm montiert, der den schnellen Zugriff auf jeden Teil der Platte gestattet. Um die geringstmögliche Distanz zur Platte einzuhalten, ohne jedoch die Platte zu beschädigen, hat der Kopf eine Form, die es ihm ermöglicht, auf einem Luft- bzw. Gaspolster zu schweben. Der Kopf „fliegt“ in der Distanz von Bruchteilen eines Nanometers, nur einige Gasmoleküle entfernt, über die Platter, was die Erfassung auch kurzwelliger Signale ermöglicht. Diese Distanz ist wesentlich zur Vermeidung von fatalen „head crashes“ als Folge einer Berührung der Plattenoberfläche. Festplatten dürfen daher, wenn sie in Betrieb sind, keinen mechanischen Schocks ausgesetzt werden.

Bis vor Kurzem war die Longitudinal-Aufzeichnung Standard, vergleichbar der Aufzeichnung auf einem Magnetband. Seit 2005 wurde die Vertikal-Aufzeichnung eingeführt, die gegenüber der Längsaufzeichnung eine höhere Datendichte um das Dreifache und mehr erlaubt.

Ursprünglich in Luft, sind moderne Festplatten auch in einer Helium-Atmosphäre gelagert. Die Platte ist versiegelt, was sie bis zu einem gewissen Grad vor dem Eindringen von Staub schützt. Die Temperatur stellt überdies einen kritischen Faktor dar: Hersteller geben 40-55°C als Maximum für einen sicheren Betrieb an.

2.2.2.2 Plattendurchmesser. Die heutigen Durchmesser der Festplatten betragen 3.5 und 2.5 Zoll. Kleinere Festplatten, ursprünglich für Sub-Notebooks entwickelt, befinden sich auf dem Rückzug, sofern nicht bereits obsolet. Sie werden zunehmend durch Festspeicher ersetzt.

2.2.2.3 Lebenszeit. Die Lebenszeit von Festplatten wird oft als „Mean Time Between (To) Errors“ (MTBF oder MTTF) angegeben, die für gegenwärtige Produkte zwischen 1 und 1.5 Millionen Stunden beträgt. Diese Zahlen sind aber von Labortests extrapolierte Werte und sagen nichts über die Lebenszeit eines bestimmten Mediums aus. Realistischere Größenangaben über Fehlerraten liefern „AFR“-Angaben, „Annualised Failure Rates“, die die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls von Platten angeben, ausgedrückt als Prozentsatz von ausfallenden Platten innerhalb einer großen Population in Anhängigkeit ihres Alters. Typische Werte liegen unter 10% für die ersten fünf Jahre. Trotzdem erlauben diese Angaben keine verlässliche Vorhersage der Lebenszeit einer bestimmten individuellen Platte. „SMART pre-failure alerts“, sofern sie angemessen überwacht werden, sind allerdings hochkorrelierende Ankündigen möglicher späterer Ausfälle.

Ausschlaggebend ist die praktische kommerzielle Lebenszeit einer Festplatte in einer Serverumgebung, insbesondere die ökonomische Servicierbarkeit. Typischerweise werden Festplatten zwischen drei und sieben Jahren in Betrieb gehalten.

Diskussionen über die langfristige Lagerung (mehrere Dekaden) von Festplatten „im Regal“ haben zu keinen schlüssigen Ergebnissen geführt.

Zusammenfassend muss betont werden, dass eine bestimmte, individuelle Festplatte ein inhärent unsicherer Datenspeicher ist. Allerdings ist die Lagerung mehrfacher Kopien eines Files in einem gut organisierten Massenspeicher, der aus mehreren Festplatten besteht und mit selbst-prüfenden und selbst korrigierenden Protokollen betrieben wird, eine sichere und effiziente Methode der Langzeitbewahrung (IASA-TC 04, 6.3.14-21).

2.2.3 Magneto-optische Träger (MODs)

Während die Information magnetisch gespeichert wird, erfolgt die Aufzeichnung und Wiedergabe auf optischem Weg. Wegen ihrer den optischen Platten ähnlichen Architektur werden MODs unter 2.3.1.4 beschrieben.

2.3 Optische Träger

Optische Träger sind die ältesten audiovisuellen Träger. Sie sind seit mehr als 170 Jahren für die analoge Bildspeicherung (Fotografie, Film) in Gebrauch. Für die Speicherung von Audio- und Videosignalen gehören sie jedoch zu den jüngsten Bildund Tonträgern. Obwohl optische Bandformate entwickelt wurden, haben sich diese nicht auf dem Markt behaupten können. Daher beschränken sich optische Bild-und Tonträger auf scheiben- oder plattenförmige Formate.

2.3.1 Aufnahme-Prinzip

Anders als bei den fotografischen Trägern, die auf der Absorption verschiedener Lichtmengen basieren, arbeiten optische Träger mit lasergesteuerten Veränderungen innerhalb von Spuren/Rillen mikroskopischer Abmessungen, wobei ein audiovisuelles Signal aufgezeichnet und anschießend wiedergewonnen wird.

Der Vorläufer der optischen Platten war die Laser Vision Disc, die Ende der 1970er Jahre für die Aufnahme und Wiedergabe von analogen Videosignalen entwickelt wurde. Ihre Technologie und die dazugehörigen Parameter wurden mit Ausnahme der Abmessungen von der Compact Disc (CD)übernommen, die 1982 als CD-A (CDAudio, Red Book Standard) als vervielfältigtes, gepresstes digitales Audioformat auf den Markt kam. Man erkannte bald, dass CDs ein ideales Medium nicht nur für Audiosignale, sondern auch für andere Signale wie Text, Grafik und/oder Bewegtbilder darstellten, woraus 1985 die CD-ROM (CD-Read Only Memory, Yellow Book Standard) als Wiedergabemedium entstand.16 1987 folgten dann die CD-I (CD-Interactive, Green Book Standard) und 1991 die CD-R (CD-Recordable, Orange Book Standard) zusammen mit der CD-RW (CD- Recordable+Writable, ebenfalls Orange Book Standard). Den vorläufigen Abschluss der CD-Familie bildete 1993 die CD-V (CD-Video, White Book Standard), die in Ostasien sehr populär wurde.

Um die Speicherkapazität zu erhöhen, hauptsächlich für die Speicherung von Videofilmen, kam 1995 die DVD (Digital Video Disc oder auch Digital Versatile Disc) auf den Markt. Die Vergrößerung der Speicherkapazität wurde durch einen Laser mit kleinerer Wellenlänge und mit maximal 4 Speicherschichten (dual layer, double sided) mit je 7-facher Speicherkapazität gesteigert. Laser mit noch kürzerer Wellenlänge im UV-Bereich führten schließlich zur BD (Blue Ray Disc), die sich letztlich gegen die konkurrierende DVD HD (DVD High Definition) auf dem Markt durchsetzte. Die BD benützt kurzwelliges blau-violettes Laserlicht und stellt einen weiteren Schritt in Richtung Miniaturisierung der Aufzeichnungs- und Speicherungsdichte dar.

In diesem Zusammenhang ist schließlich die MOD (Magneto-Optical Disc, 2.3.1.4) zu nennen. Konzipiert für die Datenspeicherung im IT-Bereich hat die MOD ihre ursprüngliche Bedeutung durch die dramatische Steigerung der Speicherkapazität der Festplatte bei deren ständig sinkenden Preisen verloren. Im Consumer-Bereich hat sie jedoch einige Beliebtheit in Form der wieder-beschreibbaren MiniDisc (MD, 2.3.1.5) gewonnen.

2.3.1.1 Replizierte (vervielfältigte) CDs, DVDs, und BDs (-ROMs): Die CDs bestehen aus einer transparenten Polycarbonat-Scheibe von 1.2 mm Stärke, die mithilfe einer negativen Metall-Matrize im Einspritzverfahren hergestellt wird. Die obere Fläche der Scheibe trägt die spiralförmige Spur von „Pits“ (Löchern, Vertiefungen) und „Lands“ (flachen Strecken) unterschiedlicher Länge. Diese so strukturierte Oberfläche ist mit einer reflektierenden Schichte aus Aluminium überzogen, die wiederum mit einem Schutzlack überzogen ist, die auch die Information über Inhalt und Label enthält. Der Laserstrahl liest die Platte von unten. Er ist auf die Pits und Lands der Spur fokussiert. Die Tiefe der Pits misst ein Viertel der Wellenlänge des Lasers, was einen Unterschied in der jeweiligen Stärke der Reflexionen bewirkt. Diese Unterschiede repräsentieren digitale „1“er, während kein Unterschied eine digitale „0“ darstellt.


Abb. 15: Aufteilung der CD-ROM.


Abb. 16: Schichtstruktur und Auslesen der Daten von einer CD-ROM.

DVDs haben gegenüber CDs engere Rillenabstände und kürzere Pits und Lands, da sie einen Laser mit kürzerer Wellenlänge benutzen (650 nm, rot). Die Basisplatte ist nur 0.6mm dick. Bei einseitigen DVDs ist eine leere zweite Polykarbonat-Scheibe an die informationstragende Scheibe geklebt. Bei doppelseitigen Platten ist eine zweite informationstragende Schicht angeklebt. Zusätzlich ist es möglich, eine zweite semi-transparente Schicht („Dual Layer“) jeder Datenschicht hinzuzufügen. Daraus ergeben sich zwei lesbare Schichten auf jeder Seite, womit die Speicherkapazität vervierfacht wird.


Abb. 17: Schichtstrukturen von DVDs.

Die BD-ROM (Blue-ray Disc) besteht aus zwei verschiedenen, per Laminierung fest verbundenen Polykarbonat-Scheiben verschiedener Dicke (siehe Abb. 18). Die untere dünnere trägt die Pit/Land-Spur auf ihrer oberen Seite mit der Reflexionsschicht. Die Spur ist schmäler als die bei CDs bzw. DVDs. Die obere, dickere Scheibe trägt an seiner ihrer Oberfläche die Labelinformation. Im Unterschied zu DVDs sind doppelseitige Platten nicht vorgesehen, wohl aber BDs mit zwei Informationsschichten.


Abb. 18: Schichtstruktur einer Blu-ray Disc.

 


Abb. 19: Vergleich der Fokusgrößen von CD, DVD und BD.

2.3.1.2 Einmal beschreibbare optische Träger: CD-R, DVD-R, BD-R, „Dye Discs“). Die Informationsschicht besteht aus einer „Spurrille“ (pre-groove), die mit einer dünnen Schicht aus einem organischen Farbstoff gefüllt ist. Das Beschreiben erfolgt mittels eines Lasers mit höherer Energie als beim Auslesen, wodurch der Farbstoff erhitzt wird. Dadurch entsteht eine Reihe von gebrannten und nicht-gebrannten Strecken, die vom lesenden Laserstahl so wie die Pits und Lands von replizierten ROM-Platten erkannt werden. Die reflektierende Metallschicht besteht aus Gold, Silber oder einer Silberlegierung.


Abb. 20: Replizierte (CD-ROM) und gebrannte Pits und Lands (CD-R) im Vergleich (Jean-Marc Fontaine).

2.3.1.3 Mehrfach beschreibbare optische Träger: CD-RW, DVD-RW, BD-RW. Die Informationsschicht besteht aus einer Metall-Legierung, die temperaturabhängig ihre Phase, d.h. ihren Festkörperzustand ändert. Die Aufzeichnung erfolgt im Fokus des schreibenden Laserstrahls, der die Temperatur der Metall-Legierung je nach Laserleistung an diesem Punkt soweit erhitzt, dass er entweder die kristalline oder die amorphe Phase annimmt. Die dielektrischen Schichten wirken abkühlend, sodass die veränderte Phase erhalten bleibt. Bei der Wiedergabe reflektieren amorphe Stellen weniger Laserlicht als kristalline, was zur Erkennung der zwei verschiedenen Informationszustände genügt. Daten können im beschränkten Maß gelöscht und aufgenommen werden (bis zu 1000 Mal).

2.3.1.4 Magneto-optische Träger (MOD, Magneto-Optical Discs) Die Informationsschicht besteht aus einem magnetischen Material; der Schreib- oder Leseprozess erfolgt aber optisch. Die Aufzeichnung wird erreicht durch das Erhitzen der Schicht über der Curie-Temperatur (3.2.1.5) und gleichzeitigem Anlegen eines niedrigen magnetischen Feldes, das zu einer entsprechenden (Neu-)Ausrichtung der magnetischen Partikel in der Schicht führt. Bei der Wiedergabe macht man Gebrauch von dem so genannten Kerr-Effekt (siehe 2.2.1), bei dem die magnetische Orientierung der Informationsschicht verschiedene Reflektionswinkel des lesenden Laserstrahls erzeugt, die zur Erkennung zweier verschiedener Informationszustände ausreichen. MODS sind eigentlich magnetische Träger, aber für ihren Umgang erweist sich die Zuordnung zu optischen Trägern als geeigneter.

Magneto-optische Träger wurden im professionellen Bereich als Backup- und als Transportmedium benutzt. Sie waren, gegen äußere Beschädigung und Fremdpartikel als Kassetten geschützt, in unterschiedlichen Größen (90 und 130 mm) in verschiedener Speicherkapazität verfügbar. Sie verloren mit der Entwicklung von immer preisgünstigeren Festplatten (HDDs, 2.2.2) und deren zunehmenden Speicherkapazitäten an Bedeutung.

2.3.1.5 MiniDisc (MD). Die MiniDisc kam 1992 auf den Markt und war als Ersatz für die bespielte analoge Kassette gedacht. Im Konsumbereich war sie mehr als zehn Jahre populär, bis sie dann ihre Bedeutung verlor. Sie wurde in zwei Versionen hergestellt, einmal als MOD (2.3.1.4) für Eigenaufnahmen und Wiedergabe, und außerdem als eine Art CD-ROM mit Inhalt. Der Durchmesser der MiniDisc beträgt 2.5 Zoll (64 mm); sie ist in einer Kassette untergebracht, wodurch sie wie bei der MOD gegen äußerliche Beschädigung beständig und gegen Fremdpartikel geschützt ist. Zur Wiedergabe siehe IASA-TC 04, 5.6.10.


16. Bei der Terminologie für optische Platten folgt diese Publikation der letzten Entwicklung: Ursprünglich wurden vervielfältige Platten mit allgemeinen Daten CD-ROMs (ROM= Read Only Memory) genannt. Mit der Einführung aufnehmbarer bzw., wieder-beschreibbaren Platten aber wurde diese Terminologie inkonsistent. Jüngere Publikation unterteilen daher optische Platten in -ROM (repliziert), -R (aufnehmbar) oder -RW bzw. -RAM (wieder-beschreibbar). Alle drei Typen können Audio, Video, oder allgemeine Daten beinhalten.

2.3.2 Die Komponenten optischer Träger und ihre Stabilität

Das Polykarbonat für optische Träger ist ein transparenter Kunststoff mit niedrigem Wärmeausdehnungskoeffizienten. Er ist widerstandsfähig gegen Deformationen bis zu 130°C. Es gab anfängliche Probleme mit craquele-artigen Rissen und opaker Verfärbung, speziell bei Laser Vision Discs, die zu Unlesbarkeit der Daten führten. Aus der Erfahrung im Umgang mit CDs seit 1982 kann man erwarten, dass Polykarbonat für mehrere Jahrzehnte stabil bleibt.

Abgesehen von Gold sind alle Metalle und Legierungen, die für die reflektierenden Schichten verwendet werden, anfällig für Oxidation. Die Schutzschicht bei CDs spielt daher eine wichtige Rolle. Sie muss widerstandsfähig gegen das allseitige Eindringen von Feuchtigkeit sein, was in der Einführungsphase oft nicht gelang. Oxidierte Schichten, besonders Aluminium, führen bei CDs dazu, dass die Daten nicht mehr ausgelesen werden können.

Die Haltbarkeit des Bindemittels, das die zwei Polykarbonat-Scheiben von DVDs und BDs zusammenhält, ist nicht bekannt.

Die Stabilität der organischen Farbstoffe ist bei den einmal bespielbaren Trägern, also CD-Rs, DVD-Rs und BD-Rs, mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Es gibt drei verschiedene Typen: Cyanin, Phthalo-Cyanin und Azo. Alle drei sind lichtempfindlich, besonders gegenüber UV-Licht: setzt man einmal bespielte optische Träger mehrere Wochen lang dem Tageslicht aus, führt das zu Unlesbarkeit der Daten. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die geringer werdende Menge der organischen Farbstoffe bei höheren Aufnahme- Geschwindigkeiten.

Die Aussagen zur Haltbarkeit der organischen Farbstoffe bewegen sich zwischen fünf und hundert Jahren, was von geringem praktischen Nutzen ist. Gleiches gilt für die semitransparenten Informationsschichten bei DVD-R und BD-R. Und schließlich ist auch die Haltbarkeit der Informationsschicht von wieder beschreibbaren Trägern im Vergleich zu einmal-beschreibbaren unklar.

2.3.3 Abnützung durch Wiedergabe

Es gibt keine messbaren Qualitätsverluste beim Abspielen optischer Träger.

2.3.4 Justierung und Wartung von Aufnahme-/Wiedergabe-Geräten

CD-, DVD- und BD-Player sind Massenprodukte ohne besondere Abgleich- oder Einstellungsmöglichkeiten, was einen Teil des unten (2.3.5) beschriebenen Problems
darstellt. Eine Wartung beschränkt sich auf die gelegentliche Anwendung einer Cleaning Disc zur Reinigung der Objektivlinse und die Reinigung der Ladevorrichtung.

2.3.5 Qualität der Aufnahme als Basisfaktor der Lebenserwartung von beschreibbaren optischen Trägern

Einmal bespielbare optische Träger (CD-R, DVD-R und BD-R) haben sich als sehr populäre Medien zur Aufzeichnung von Audio-, Videound IT-Daten erwiesen. Ihre Zuverlässigkeit hängt wie bei vielen anderen digitalen Trägern von einem komplexen Fehlerkorrektursystem in den Abspielgeräten ab, das fehlerhafte Daten auf dem Träger wegen Beschädigung, chemischen Reaktionen innerhalb der organischen Schichten oder wegen Alterungseffekten wieder vollständig wiederherstellt. Die Kapazität des Korrektursystems ist jedoch beschränkt. Eine fehlerfreie Aufnahme beansprucht weniger Korrekturkapazität wegen der gerade genannten Fehlerursachen und verbessert daher die Lebenserwartung des Trägers. Wenn hingegen ein optischer Träger des R-Typs bereits mit einer hohen Fehlerrate startet, bleibt weniger Korrekturkapazität für den Ausgleich weiterer Fehler. Die Lebenserwartung solcher Träger ist kürzer (siehe IASA-Empfehlung für maximal hinnehmbare Fehler bei optischen Trägern bei IASA-TC 04, Abs. 8.1.9).

Ein wesentliches Problem beim Brennen von einmal bespielbaren optischen Trägern ist das Zusammenwirken von noch nicht bespielten Trägern (sogenannten blanks) und dem Brenner. Es sind keinerlei Standards vereinbart und der automatische Abgleich funktioniert nicht immer genügend. Tests mit zufälliger Kombination von CD-R und Brenner haben lediglich 50% akzeptable Ergebnisse geliefert. Um ein zuverlässiges Brennen einmal aufnehmbarer Trägern zu erreichen, müsste man jedes Mal solche Kombinationen ausführlich und in regelmäßigen Abständen testen. Solche Tests sind arbeitsintensiv und das erforderliche Equipment ist teuer. Für die professionelle Datenspeicherung werden deswegen zuverlässigere und kostengünstigere Speichersysteme eingesetzt.17


17. J.-M. Fontaine 2000.

2.3.6 Formate und Größen

Analoge LaserVision Platten wurden produziert mit 200 mm und 300 mm Durchmesser, meistens doppelseitig. Für die digitalen optischen Träger gilt für alle Typen ein Durchmesser von 120 mm, ausgenommen einige wenige CD und BD mit 80 mm Durchmesser.

2.4 Festkörperspeicher

Festkörperspeicher sind Speicher mit elektronischen Schaltungen ohne bewegliche Teile. Sie wurden seit 1950 mit verschiedenen Technologien entwickelt. In Zusammenhang mit der vorliegenden Publikation sind die sogenannten „flash cards“ von Interesse, wie sie seit 1990 entwickelt wurden. Sie sind als mobile Datenträger (SD und andere) sowie als USB-Sticks bekannt. Durch die ständige Vergrößerung ihrer Speicherkapazität bei ständig fallenden Preisen haben sie sich inzwischen weltweit durchgesetzt, teilweise sogar als Ersatz von Festplatten in kleinen Notebooks.

2.4.1 Funktionsprinzip und Stabilität
Flash Cards gehören zu der Gruppe von nicht-flüchtigen Festkörperspeichern, die ihre Information ohne Energiezufuhr beibehalten. Die Speicherzellen sind lediglich Transistoren, die ihre Ladung jahrelang behalten. Ihre Ablese-Kapazität wird allgemein als quasi unbegrenzt beschrieben, während die Anzahl der Lösch-/Beschreibzyklen mit einigen Tausend bis eine Million angegeben wird. Sie wurden ursprünglich im militärischen Bereich eingesetzt, weil sie in einem relativ weiten Temperaturbereich einsetzbar und auch relativ unempfindlich gegen mechanische Schocks sind.

Es liegen keinerlei realistische Einschätzungen bezüglich ihrer Lebenserwartung vor. Solange sie teurer waren als Festplatten, spielte das nur eine untergeordnete Rolle, da sie dadurch (noch) unattraktiv für die Langzeitspeicherung waren. Flash Cards haben zwar ihre Eignung als stabile und widerstandsfähige Kurzzeitspeicher bewiesen, insbesondere bei lokalen Einsätzen unter ungünstigen Bedingungen, aber es ist zwingend geboten, sich nicht auf einen einzelnen Träger zu verlassen und eine Kopie der Daten möglichst früh auf ein anderes Speichermedium vorzunehmen, bevor der Wechsel auf ein sicheres digitales Speichersystem in Angriff genommen wird.

3 Konservierung: Umgebungsfaktoren, Behandlung und Lagerung

Wasser/Luftfeuchtigkeit (Abschnitt 3.1)
Temperatur (Abschnitt 3.2)
Klimatische Lagerbedingungen (Abschnitt 3.3)
Mechanische Deformation (Abschnitt 3.4)
Staub, Fremdkörper, (Luft-)Verschmutzung (Abschnitt 3.5)
Licht, ultraviolette und Röntgen-Strahlen (Abschnitt 3.6)
Magnetische Streufelder (Abschnitt 3.7)

In den einzelnen Abschnitten werden jeweils alle Träger – mechanische, magnetische,
optische und die Festspeicher – besprochen.

3.1 Wasser und Luftfeuchtigkeit

Wasser ist der größte natürliche Feind aller audiovisuellen Träger. Es übt sowohl direkte chemische als auch indirekte Einflüsse auf ihre Stabilität aus. Die direkten Einflüsse umfassen Hydrolyse und Oxidation verschiedener Trägerkomponenten, aber auch die Auflösung einiger Trägermaterialien.

3.1.1 Hydrolyse ist eine durch Wasser bewirkte chemische Reaktion, welches in Form der Luftfeuchtigkeit omnipräsent ist. Einige Polymere sind hydrolytischen Prozessen ausgesetzt, wobei Säuren und metallische Ionen als Katalysatoren wirken. Die Reaktion ändert die chemischen und physikalischen Eigenschaften des ursprünglichen Polymers, wobei oft ein Nebenprodukt entsteht, das als Auto-Katalysator den destruktiven Prozess verstärkt. Einige hydrolytische Prozesse sind (teilweise) umkehrbar, mache nicht.

3.1.1.1 Das Vinegar-Syndrom. Eine weithin bekannte hydrolytische Polymer-Reaktion ist das sogenannte Vinegar-Syndrom. Dieser Prozess, der Filme aus Celluloseacetat (CA) bis zur Unspielbarkeit zerstört, wurde erstmals in den späten 1940er Jahren beobachtet, ist aber im größeren Ausmaß seit den 1980er Jahren besonders in tropischen Filmarchiven bekannt geworden. Essigsäure ist eines der Reaktionsprodukte dieses Prozesses, dessen Geruch namensgebend war. Mit dem Fortschreiten der Reaktion verlieren betroffene Filme ihre Struktur und werden unspielbar.

Magnetische Filmtonträger mit einer Folie aus CA sind wegen der katalytischen Eigenschaften von Metallen, hier die Form des Eisendoxids als magnetischem Pigment, gefährdet. Tonbänder aus CA sind ebenso betroffen, jedoch wegen ihrer sub-kritischen Masse nicht in jenem starken Ausmaß wie Filme. Abgesehen vom Geruch dienen säureempfindliche Teststreifen als objektive Überprüfungshilfen. CA Hydrolyse ist nicht umkehrbar.

3.1.1.2 Zersetzung von Pigment-Bindemitteln. Einige Bindemittel moderner Magnetbänder (2.2.1.1.2) unterliegen hydrolytischen Prozessen, wodurch die Bänder klebrig werden. Da dieser Prozess bis zu einem gewissen Grad umkehrbar ist, können solche Bänder im Allgemeinen wieder spielbar gemacht werden, indem sie geringen Luftfeuchtigkeitswerten, erhöhten Temperaturen, oder einer Kombination beider Maßnahmen ausgesetzt werden. (Zu den Details siehe IASA-TC 04, 5.4.3.3.) Jüngere Erkenntnisse haben aber gezeigt, dass Hydrolyse von Bindemittel nur eine von mehreren Ursachen für klebrige Bänder ist („Sticky Shed Syndrome SSS“, siehe 2.2.1.1.2).

3.1.2 Direkter Kontakt mit Wasser ist nur für wenige Aufnahmeplatten gefährlich: für Platten aus Gelatine, Karton und ähnlichen Materialien, sowie für Festplatten. Für die anderen Träger ist Wasser nicht unmittelbar gefährlich, sofern der Kontakt kurz ist, der Träger sorgfältig gereinigt wird, sofern das Wasser verschmutzt war, und die Träger möglichst bald nach dem Kontakt mit Wasser sorgfältig getrocknet werden. Daher wird als Vorbereitung für die Abspielung von Vinyl- und Schellackplatten die Reinigung mit ionenfreiem Wasser unter Verwendung von professionellen Plattenreinigungs- Maschinen empfohlen (IASA-TC 04, 5.2.3, 5.3.3).

Das größte Problem mit Trägern, die einem Wassereinbruch ausgesetzt waren, besteht in der logistischen Herausforderung der Reinigung und Trocknung der betroffenen Träger, besonders bei Magnetband-Kassetten, ein weiteres in der Trennung der Träger von Papier und Karton, wie zum Beispiel von LP Plattenalben, und deren rasche Trocknung, bevor sie von Schimmel befallen werden. Sind größere Mengen betroffen, wird Vakuum- Tieffrierung, wie sie erfolgreich für die Rettung von Papier und Buchmaterialien entwickelt worden ist, die einzige Chance darstellen, Begleitmaterialien aus Papier oder Karton zu retten. Die Anwendbarkeit dieser Methode ist aber für die Trägermaterialien selbst, besonders für Magnetbänder, noch nicht ausreichend erforscht. (Zur Vorbeugung von Wassereinbrüchen siehe 4.2).

3.1.3 Oxidation ist eine weitere chemische Reaktion unter dem Einfluss von Wasser. Sie ist eine potentielle Gefahr für die nicht-oxidischen Reineisenpigmente, die für Compact Cassetten der Type IEC IV, für R-Dat, und für die meisten digitalen Videoformate verwendet werden (2.2.1.1.1.2) Oxidation greift auch die reflektierenden Schichten von optischen Platten an, mit Ausnahme von Schichten aus Gold.

3.1.4 Dimensionale Beeinflussung. Feuchtigkeit hat auch einen Einfluss auf die Dimension von Materialien, die als Komponenten von audiovisuellen Trägern eingesetzt werden. Für CA Bänder wird der feuchtigkeitsabhängige Ausdehnungskoeffizient fünfzehn mal höher als für Polyesterbänder angegeben.18 Ein hoher Ausdehnungskoeffizient muss auch für verschiedene Materialien, die in Aufnahmeplatten Verwendung finden, beachtet werden, so für Karton, Gelatine bzw. für die informationstragende Lackschicht.

3.1.5 Indirekter Einfluss durch Biodegradation. Wasser versursacht Biodegradation, besonders Schimmelbefall, der bei längerer Lagerung bei relativer Luftfeuchtigkeit von 70% und darüber auftritt. Schimmelpilze aller Art sind überall auf der Welt vorhanden, die nahezu alle audiovisuellen Träger befallen können. Schimmelpilze „fressen“ sich in die Oberflächen von analogen mechanischen Trägern, was zu exzessiven Oberflächengeräuschen führt – ein besonders Problem bei Wachszylindern. Schimmel befällt Magnetbänder, was die Wiedergabe schwer bis unmöglich macht. Sie befallen auch CDs und führen zu deren Unspielbarkeit. Chemische Behandlung sollte nur als letzte Maßnahme ergriffen werden. Nachteilige chemische Reaktionen, besonders mit der Vielzahl von magnetischen Bindemitteln, können nie ausgeschlossen werden. Chemische Behandlung kann auch die Gesundheit der Mitarbeiter gefährden.

Wegen ihrer potentiellen Gefährdung der Träger, sowohl direkt, wie auch indirekt, muss Schimmelbefall mittels niedriger relativer Luftfeuchtigkeitswerte verhindert werden. Jeder direkte Kontakt mit Wasser, auch wenn er im Prinzip zulässig ist, muss so kurz wie möglich gehalten werden.

3.1.6 Gegenseitige Abhängigkeit. Beachtet werden muss die gegenseitige Anhängigkeit von relativer Luftfeuchtigkeit und Temperatur (Detail unter 3.2.3).


18. FIAF 1986., 11.1.1.2.

3.2 Temperatur

3.2.1 Physikalische Einflüsse.

3.2.1.1 Dimensionale Einflüsse. Die Temperatur bestimmt die Größe von Körpern: Ganz allgemein vergrößern sich Körper mit steigenden und verkleinern sich mit fallender Temperatur. Das gilt auch für Bänder. Polyesterbänder haben den geringsten thermischen Ausdehnungskoeffizienten, währen der von CA dreimal so hoch ist:

Bei CA- und PVC- Bändern führt das mit steigender zu lockereren Bandwickeln und zu festeren mit fallender Temperatur. PET-Folien verhalten sich aber anders: Sie sind vorgereckt, was zu einem signifikant größeren Ausdehnungskoeffizienten bei der Banddicke im Vergleich zur dem der Länge führt. Daher „schwellen“ sie mit steigender Temperatur – jede Bandlage wird dicker – was nicht durch die Vergrößerung der Länge kompensiert wird. Das verstärkt den Druck im Wickel. Umgekehrt werden PETBänder lockerer bei fallender Temperatur. Das bedingt beim Wechsel von klimatischen Lagerbedingungen unterschiedliche Lockerungsszenarien für CA- und PVC-Bänder auf der einen, und PET-Bändern auf der anderen Seite (3.2.4).

Dimensionale Veränderungen sind besonders für Lackplatten gefährlich. Wegen der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten für die Kerne aus Metall oder Glas und der spröden Lackschicht kann eine Temperaturänderung zu einem Rissigwerden der letzteren führen.

Wegen dieser potentiellen Gefahr, besonders für Bänder und Lackplatten, ist die Stabilität der Lagertemperatur wichtiger als ihr absoluter Wert.

3.2.1.2 Irreversible Einflüsse auf Polymere. Für manche Polymere, die als Komponenten von audiovisuellen Trägern verwendet werden, haben erhöhte Temperaturen einen irreversiblen Einfluss. Beim Überschreiten von bestimmten Temperaturen werden Eigenschaften verändert, die sich bei Abkühlung nicht wiedereinstellen. Diese Temperaturschwellen variieren sehr stark für die verschiedenen Materialien. Es kann aber gesagt werden, dass Temperaturen bis zu 35°C keine unmittelbaren irreversiblen Einflüsse auf irgendwelche gebräuchlichen audiovisuellen Träger ausüben.

3.2.1.3 Thermoplastische Materialien. Diese erweichen sich bei höheren Temperaturen. Sie werden für die Erzeugung von Behältern, Kassettengehäusen und dergleichen verwendet. Das unabsichtliche Aussetzen solcher Materialien gegenüber höheren Temperaturen, bereits schon dem Sonnenlicht, kann zu irreversiblen Verformungen führen. Dies stellt eine besondere Gefahr für Vinylplatten dar.

3.2.1.4 Kopiereffekt. Die Temperatur beeinflusst auch den Kopiereffekt: je höher, desto steiler, je geringer die Temperatur, desto flacher verläuft sein Anstieg gegen die Zeit (siehe 3.7.2.5).

3.2.1.5 Curiepunkt. Magnetische Stabilität (Koerzitivkraft) ist temperaturabhängig. Bei und über dem Curiepunkt geht die magnetische Eigenschaft verloren. Der niedrigste Wert für verbreitete Magnetpigmente beträgt 128°C für CrO2, für Eisen und Eisennoxid 300°C. Dieses Phänomen wird positiv für die magneto-optische Aufzeichnung eingesetzt (siehe 2.3.1.4).

3.2.1.6 Temperaturbereich. Zur Verlängerung ihrer Lebenszeit werden fotografische Materialien oft bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt gelagert. Für Magnetbänder werden kalte Lagerbedingungen nicht empfohlen, weil einige, wenn auch nicht alle, bei Temperaturen unter 8°C unter Gleitmittelaustritt leiden (2.2.1.1.1.4) Am oberen Ende sollten 35°C nicht überschritten werden (3.2.1.2). Innerhalb dieses Bereichs beeinflusst die Temperatur nur die Dimension des Trägers und die Geschwindigkeit von chemischen Prozessen.

3.2.2 Indirekte chemische Einflüsse. Die Temperatur bestimmt die Geschwindigkeit chemischer Prozesse und damit auch Alterung und Verfall. Unter Berücksichtigung des in 3.2.1.6 angegebenen Bereiches kann als Daumenregel gelten, dass sich die Geschwindigkeit chemischer Prozesse je 10°C Temperaturerhöhung verdoppelt bzw. bei Senkung um 10°C halbiert, was eine Verdoppelung der Lebenszeit bedeutet.

3.2.3 Gegenseitige Abhängigkeit von Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Die Temperatur bestimmt die absolute Menge des Wassers, das die Luft in gasförmigem Zustand als Dampf halten kann. Höhere Temperaturen halten mehr, niedrigere weniger Wasser. Wenn ein Raum ohne gleichzeitige Senkung der Luftfeuchtigkeit gekühlt wird, steigt die relative Luftfeuchtigkeit an, bis 100% erreicht sind. Bei dieser, Taupunkt genannten Temperatur kondensiert überschüssiger Wasserdampf an den kältesten Flächen des Raumes (siehe Abb. 30). Maßnahmen zur Klimakontrolle müssen daher beide Parameter gleichzeitig berücksichtigen. Die meisten konventionellen Klimageräte entfeuchten aber die Atmosphäre nicht hinlänglich und erhöhen damit unabsichtlich die relative Luftfeuchtigkeit und somit auch die Gefahr für die audiovisuellen Träger, indem sie den Vorteilen der geringen Temperatur entgegenwirken.

3.2.4 Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen können, wie bereits oben in 3.2.1.1 erwähnt, gefährlicher sein als suboptimale, aber stabile absolute Werte. Änderungen beider Werte haben dimensionale Auswirkungen, die unnötigen Stress auf die Träger ausüben. Am gefährdetsten sind Platten aus unterschiedlichen Materialein, z.B. Lackplatten, aber auch Magnetbänder, besonders Helical-Scan-Formate mit hoher Datendichte. Das andere Grundproblem ist die Verbringung von kalten Trägern in eine warme Umgebung.

Folglich sollten Lagerbedingungen mit Konzentration auf geringstmögliche Temperaturund Luftfeuchtigkeitsschwankungen konzipiert werden. Während eines Transportes müssen Träger durch adäquate Logistik und Container geschützt werden (siehe 4.8). Klimaänderungen von längerer Dauer müssen von Akklimatisationsmaßnahmen begleitet sein. Für alle Materialien, außer für Lackplatten, sollte der Temperaturgradient nicht 3°C und der für die relative Luftfeuchtigkeit nicht mehr als 5 Prozentpunkte für je 24 Stunden betragen. Zusätzlich müssen zur Kompensation unterschiedlicher Spannungen von Bandwickeln als Folge von Temperaturänderung (siehe 3.2.1.1) CA- und PVC-Bänder bei der Verbringung in kühlere Lager entspannt werden, PET-und PEN-Bänder bei der Verbringung in wärmere. Lackplatten sind wegen der Gefahr des Rissigwerdens der Lackschicht aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Kern und Lack bei Übersiedlung in beide Richtungen gleich gefährdet. Solche Transporte sollten daher auf ein absolutes Minimum beschränkt bleiben und von langen Akklimatisierungsmaßnahmen über mehrere Tage begleitet werden.

Beim Verbringen von kalten Trägern in warme Räume sollte die Gefahr der Kondensation nicht unterschätzt werden. Für hinreichende Lüftung ist bis zum Ausgleich der Trägertemperaturen zu sorgen.

3.3 Schlussfolgerungen für die Wahl klimatischer Lagerbedingungen

Auf der Basis der oben angestellten Überlegungen wird klar, dass die Wahl von Lagerbedingungen von zwei einander widersprechenden Prinzipien bestimmt wird: Luftfeuchtigkeit und Temperaturen niedrig zu halten (um chemischen Prozesse zu verlangsamen) und klimatische Schwankungen zu vermeiden (um Kondensation und mechanischen Stress zu vermeiden, besonders für Lackplatten und Magnetbänder).

Folgende minimale/maximale Werte sind einzuhalten:

Luftfeuchtigkeit Absolutes Maximum für
lange Lagerung
60% rel. LF
Minimum 25% rel. LF
Temperatur Absolutes maximum 35°C
Minimum 8°C für Magnetbänder

Wie bereits erläutert, haben die tatsächlichen Werte zwischen diesen Maxima und Minima keine unmittelbaren positiven oder negativen Folgen. Allerdings bestimmen sie auf lange Sicht die Lebenserwartung der Träger. Von größerer Bedeutung ist die Stabilität der gewählten Klimabedingungen (3.2.1.1, 3.2.1, und 3.2.4).

Zur Definition der Lagerbedingungen wird festgelegt:

Luftfeuchtigkeit
(Bereiche)
mittel 40-50% rel. LF
gering 25-35% rel. LF
Toleranz1 eng ± 3% rel. LF
gelockert ± 5% rel. LF
Temperatur
(Mittelwerte)
Raum2 ~20°C
kühl zwischen 8 und 12°C
Toleranz1 eng ± 1°C
gelockert ± 3°C

1 Die zulässige Toleranz um die Mittelwerte bezieht sich auf geringe (jährliche) Abfolgen.
2 Der Mittelwert der Raumtemperatur bezieht sich auf moderate Klimazonen und ist nicht notwendigerweise obligatorisch für tropische Zonen. Dort kann es klüger sein, eine höhere mittlere Temperatur, z.B. 25°C, zu wählen und die gesparten Energiekosten in eine effektivere Luftentfeuchtung zu investieren. Das würde auch das Wohlbefinden der Archivare verbessern, die sich im Allgemeinen unter den klimatischen Arbeitsbedingungen der ersten Welt nicht wohl fühlen. Zur Beachtung: Temperatur/Luftfeuchtigkeitsbereiche und Toleranz dürfen nicht addiert werden, die gewählten Mittelwerte sind innerhalb der zulässigen Toleranz zu halten.

 

Sammlungstyp Luftfeuchte Toleranz Temperatur Toleranz
Benützung
 Bänder in häufigem Gebrauch
 Mechanische und optische Träger (mit Ausnahme von Lacklatten)
gering
mittel

eng
gelockert

Raum
Raum

eng
gelockert

Langzeitlagerung
 Bänder
 Mechanische und optische Träger (mit Ausnahme von Lackplatten
gering
mittel bis
gering

eng
gelockert

kühl
Raum bis
kühl

eng
gelockert

Benützung und Langzeit
 Lackplatten
mittel eng Raum eng

Die Klimabedingungen in Studios und Labors sollten gleich bzw. sehr nahe an den Lagerbedingen sein. Wo immer möglich, sollten Arbeiten und Routinekontrollen mit Trägern, die kühl und trocken gelagert sind, stets am Ort der Bewahrung ausgeführt werden, andernfalls müssen sie entsprechend akklimatisiert werden.

Die Wahl der Werte von Luftfeuchtigkeit und Temperatur stellt immer einen Kompromiss zwischen Zugänglichkeit, Komfort und Gesundheit des Personals auf der einen, sowie den Kosten auf der anderen Seite dar. Es muss schließlich festgehalten werden, dass auch die niedrigsten erzielbaren Werte Alterung und Zerfall nicht verhindern, sondern nur verzögern. Daher sollten Archive stets jene Parameter wählen, die sie 24 Stunden an allen Tagen des Jahres einhalten können. Innerhalb der zulässigen Bereiche ist Stabilität von größerer Bedeutung als die absolut gewählten Werte der Temperatur und Luftfeuchtigkeit.

3.4 Mechanische Deformation

Eine der wesentlichen Gefahren, die alle Träger betrifft, stellt mechanische Deformation dar.

3.4.1 Mechanische Träger

Besondere Achtsamkeit benötigen zerbrechliche Träger (Zylinder, Schellackplatten) hinsichtlich Handhabung und Transport. Extreme Vorsicht ist bei der Montage von Zylindern auf Abspielmaschinen mit konischen Aufziehdornen [mandrel] geboten. Unsichtbare Risse können zum „Zerplatzen“ solcher Zylinder führen, wenn sie mit zu hohem Druck montiert werden. Zusätzlich ist die Lagerung von Zylindern in Mobilregalen nicht empfohlen. Der beste Schutz beim Transport wird durch feste Verpackung in stoßsicheren Behältern erzielt.

Alle mechanischen Träger sind Beschädigungen an ihrer Oberfläche ausgesetzt, die hörbare Artefakte (Klicks, Kratzer, etc.) erzeugen. Zusätzlich wird die in den Rillen gespeicherte Information durch schlecht justierte mechanische Abtastsysteme und falsch gewählte Nadeln gefährdet. Beide können beträchtlichen Schaden anrichten (IASA-TC 04, 5.2 und 5.3).

Wegen der Empfindlichkeit aller mechanischen Träger gegenüber physischen Beschädigungen dürfen sie nur durch Personal mit manuellem Geschick und besonderer Ausbildung hantiert werden.

3.4.2 Magnetische Träger

3.4.2.1 Magnetband. Bei der Bewahrung von Magnetbändern ist mechanische Integrität ein weithin unterschätzter Faktor. Um Stress, besonders für spröde CA- und alle dünnen Bänder möglichst zu verringern, sollten nur Geräte der letzten Generation eingesetzt werden, die niedrigen Bandzug bei gleichzeitigem intimen Band-Kopf- Kontakt ermöglichen. Solche Geräte werden auch das Umspulen mit relativ geringen Geschwindigkeiten gestatten („library wind“).

Besonders wichtig ist die Lagerung aller Bänder und Kassetten mit absolut flachen Bandwickeln, weil jeder stufige Wickel gewellte Bandränder erzeugt. Im Allgemeinen ist eine der beiden Kanten die Referenz für die Führung des Bandes durch die Maschine, besonders bei Systemen mit rotierenden Köpfen. Beschädigte Bandkanten führen zu vertikalen Bewegungen des Bandes, die Wiedergabefehler verursachen, wie zum Beispiel einer schwankenden Stereobalance bei Tonbändern, bzw. „Flickern“ bei Videoaufzeichnungen als Folge von Spurfehlern. Flache Wickel werden am besten nach dem Gebrauch durch das Vorwickeln des Bandes bis zu seinem Ende erzielt, mit nachfolgendem Rückwickeln über seine Gesamtlänge in einem Arbeitsgang im „Library Wind“ Modus. Geräte, die solche Wickel nicht erzielen, sind zu reparieren oder auszutauschen. Manche Bänder lassen sich aber auch im Library-Wind Modus nicht flach wickeln, was jedoch durch eine Umspulung im Wiedergabemodus bei hoher Laufgeschwindigkeit erreicht werden kann.


Abb. 21: Band, das vor seinem Ende zurückgewickelt wurde. Die zurückgebliebene Stufe wird eine Deformierung verursachen. Flache Wickel werden durch eine Rückwicklung über die gesamte Bandlänge in einem Arbeitsgang erzielt..


Abb.22: Stufiger Bandwickel erzeugt Deformation der Bandkanten.


Abb. 23 Fensterbildung („windowing“). Manueller Eingriff kann zur Erzielung eines flachen Wickels notwendig werden, um eine Bandbeschädigung durch Reibung des durchrutschenden Bandes zu verhindern.

Die Flansche von Plastik- und Metallspulen müssen absolut flach sein, um ein Berühren des Bandes beim Abspielen oder Umspulen zu verhindern. Zusätzlich müssen die Bandführungen so justiert sein, dass die Bandwickel in der Mitte der Nabenbreite positioniert werden, und das Hineinquetschen des Bandes gegen einen der Flansche verhindert wird. Schlitze in den Naben, die die Vorspannbänder aufnehmen, haben oft zu einer permanenten Deformation des Bandes nach mehreren Jahren der Lagerung geführt. Verformte Spulen müssen getauscht werden, vorzugweise gegen solche mit schlitzlosen Naben. Dauerhafte Schlitzmarkierungen können durch leichte Verschiebung der Vorspänne gegenüber dem Schlitz behoben werden, was regelmäßige Neupositionierungen erfordert.

Der Gebrauch von flanschlosen Kernen („Bobbies“) hat seinen Ursprung in der Einführung des deutschen „Magnetophons“ in den 1930er Jahren und wurde später im Rundfunk- und Studiobetrieb am europäischen Kontinent und in Osteuropa beibehalten. Seine Beibehaltung erfordert rückseitenmattierte Bänder, hinreichende Bandzugkontrolle unter allen Betriebsbedingungen und – zusätzlich – sorgfältige Handhabung. Solche „freien Wickel“ werden nur von dem Wickelkern gehalten, der an einer geeigneten Vorrichtung in dem Bandkarton hängt. Es kommt vor, dass das Band durch Druck auf den Kern oder wegen eines zu lockeren Wickels (siehe Abb. 11) auseinanderfällt. Die Rettung solcher Bänder erfordert manuelles Geschick und viel Geduld. Besondere Hilfen, „Wickelretter“ oder „Katastrophen-Bobbies“ genannt, erleichtern ein Auffangen und langsames Aufwickeln des Bandes nach Verlust des Kernes und das mühsame Umwickeln auf eine Spule.


Abb. 24: Wickelretter – Hilfe zur Rettung zerfallener freier Wickel.

Im Zuge ihrer Versprödung tendieren CA-Bänder zur „Flucht“ aus dem flachen Wickel während des Umspulens. Das Umwickeln auf Bandspulen ist daher eine wichtige Vorsichtsmaßnahme.

Bei Kassettenbändern stellt der Ladevorgang ebenso wie das Entladen eine signifikante Beanspruchung des Bandes dar, die zu messbaren Fehlern nach mehreren Vorgängen führt. Auch kann schlecht funktionierende Mechanik zur Beschädigung oder Verklemmung bis hin zur Zerstörung des Bandes führen. Daher dürfen Kassetten nur auf unbespielten Abschnitten des Bandes am Beginn oder Ende des Bandes geoder entladen werden. Wenn dies eingehalten wird, können solche Bänder durch das Abschneiden der eingeklemmten bzw. beschädigten Stelle ohne Verluste von Aufnahmeteilen herausgeschnitten werden. Daher müssen bei der Herstellung von Aufnahmen auf Kassetten leere Ladezonen am Beginn bzw. Ende der Bänder freigelassen werden.

Regelmäßige Reinigung von Bandführungen und Köpfen – zumindest täglich – muss mit hinreichend weichen Hilfsmitteln durchgeführt werden, um Führungen und Köpfe nicht zu verletzen und Kratzer auf Bändern zu vermeiden, durch die deren chemische Stabilität geschwächt wird (2.2.1.1.3).

3.4.2.2. Festplatten. Wegen ihrer beweglichen Teile dürfen Festplatten keinen Schocks ausgesetzt werden, wobei die Beschädigung während des Betriebes viel wahrscheinlicher ist als im Zustand der Ruhe, wenn der Lesekopf in sicherem Abstand von der Plattenoberfläche geparkt ist. Daher müssen Festplattenrecorder immer mit großer Vorsicht behandelt werden, besonders bei Aufnahme oder Wiedergabe.

3.4.3 Optische Platten

Optische Platten müssen vor mechanischer Beschädigung und Kratzern bewahrt werden. Kratzer auf der Auslesefläche behindern den Laserstrahl bzw. lenken
ihn ab, während eine beschädigte Schutzschicht auf CDs oder BDs die chemische Integrität der reflektierenden Schicht gefährdet. Beschriftungen auf der Schutzschicht, d.h. der Labelseite, dürfen nur auf beschreibbaren Platten, und dort nur mit besonderen, für optische Platten geeigneten Faserschreibern angebracht werden. Normale Faserschreiber dürfen nicht verwendet werden, weil ihr Lösungsmittel die Schutzschicht anlösen kann; ebenso können Beschriftungen mit Kugelschreibern auf mechanischem Weg die Lesbarkeit stören. Das Verbiegen von Platten muss vermieden werden, weil dadurch die reflektierende Schicht zerreißen kann. Daher müssen beim Herausnehmen optischer Platten aus der zentralen Halteklammer des Jewelcase beide Hände benützt werden – eine um den Haltemechanismus zu öffnen, und die andere, um die Platte herauszunehmen.

3.4.4 Festkörperspeicher

Tägliche Erfahrung im Umgang mit Festkörperspeichern suggeriert eine gewisse Robustheit gegen Schocks, z.B. wenn sie auf den Boden fallen. Man sollte allerdings bedenken, dass aufgrund ihrer mikroskopischen Natur manche mechanischen Beanspruchungen, etwa das Verbiegen solcher Speicher in Taschen, zu ihrer sofortigen Zerstörung führen können.

3.5 Staub, Fremdkörper, Luftverschmutzung

3.5.1 Staub und Fremdkörper beeinflussen audiovisuelle Träger in sehr unterschiedlicher Weise: Bei mechanischen Trägern bewirken sie eine Ablenkung der Abtastnadel, was zu hörbaren Artefakten (Klicks) führt. Bei Magnetbändern verschmutzen Staub und Fremdkörper den Kopfspalt und verhindern dadurch den intimen Band-Kopf-Kontakt, was bei Tonaufnahmen die hohen Frequenzen dämpft und bei Videosignalen zu deren raschem Zusammenbruch führt. Bei optischen Platten wird der Laserstrahl behindert, was zu unkorrigierbaren Fehlern, bisweilen zu Stummschaltung führen kann.


Abb. 25: Proportionale Darstellung von Fremdkörpern verschiedener Größe, die den intimen Band-Kopfkontakt behindern..

3.5.2 Ursprung und Abwehr. Zu den größten Ursachen der Staubbelastung zählt Mineralstaub, ein besonderes Problem in trockenen Gebieten. Archive in solchen Gegenden müssen mit dicht schließenden Fenstern und Türen ausgestattet sein, die auch Unterstützung durch Luftschleusen benötigen können. Eine in urbanen Umgebungen verbreitete andere Quelle ist Textilstaub. Teppichböden, die in den 1970er Jahren in Büros weite Verbreitung fanden, sind in audiovisuellen Archiven absolut verboten. Böden sollten aus Beton (Estrich) bestehen mit Versiegelungen aus chemisch inerten Materialen oder Lacken, oder aus abriebfesten Materialien wie etwa Terrazzo. Die Böden sollten mit einer Farbe versehen werden, die den typischen lokalen Staub sichtbar macht und ihn nicht camoufliert. Staub kann am besten durch mechanische Filter in der Klimaanlage abgewehrt vermieden werden. Zusätzlich verhindert ein leichter Überdruck im Lagerraum und in den Labors durch einen dadurch nach außen gerichteten Luftstrom durch Öffnungen bzw. Ritzen in der Mauer das Eindringen von Staub in diese sensitiven Bereiche.

Abgesehen von der Staubvermeidung in allgemeiner Hinsicht sollte der individuelle Staubschutz der Träger im Einklang mit den Überlegungen stehen, die in 4.7 diskutiert werden. Sogar bei guten allgemeinen Bedingungen sollte das Restrisiko von Staubbefall minimiert werden, indem die Zeit, in der sich die Träger außerhalb ihrer individuellen Behälter befinden, so kurz wie möglich gehalten wird. LPs sollten mit äußeren und inneren Hüllenöffnungen versetzt gelagert werden. Daher soll auch die Einzugsmechanik von optischen Plattenspielern nicht offen stehen bleiben, um das Eindringen von Staub und nachfolgende Verschmutzung der Platten zu verhindern.

Fingerabdrücke verursachen ernste Probleme. Sie stellen eine Haftgrundlage für Staub dar und sind Nahrungsquellen für Schimmel. Das Berühren von Spielflächen mit bloßen Fingern ist absolut verboten, der Gebrauch von faserfreien Baumwollhandschuhen wird dringend geraten. Besondere Sorgfalt ist beim Herausnehmen und Zurücklegen von analogen Platten aus ihren Umschlägen geboten, um die Berührung der Spielfläche zu vermeiden. Das Umdrehen vom Platten erfordert Geschick und Training.


Abb. 26 und 27: Halten einer Platte ohne Berührung der Spielfläche.

Speisen und Getränke, besonders gezuckerte Softdrinks, stellen eine große Gefahr für alle Träger, besonders für Magnetbandkassetten dar. Essen und Trinken muss daher in allen Räumen, in denen audiovisuelle Träger behandelt oder gelagert werden, absolut verboten werden.

Bei Magnetbändern besteht zusätzlich ein inhärentes Problem, das vom Band ausgeht: Trockener Abrieb, hauptsächlich von alten CA-Bändern, ausgetretene Gleitmittel, und klebende Bestandteile von hydrolysierten Bändern stellen ein wesentliches, intern generiertes Hindernis für das Abspielen solcher Bänder dar. Daher müssen sie vor ihrer Benützung gereinigt und behandelt werden (IASA-TC 04, 5.4.3).

3.5.3 Luftverschmutzung, besonders industrielle Abgase können audiovisuelle Träger in vielfacher Weise beeinträchtigen. Es gibt Hinweise, dass sich starke Industrieemissionen negativ auf den Zustand von Magnetbändern auswirken.19 Auf der anderen Seite muss angenommen werden, dass Umweltbedingungen, die modernen Standards entsprechen und im Interesse menschlicher Gesundheit festgesetzt wurden, keine unmittelbaren negativen Einflüsse auf audiovisuelle Träger ausüben. Sollten sich aber Archive in der unmittelbaren Umgebung von Industrieanlagen befinden, wird es angebracht sein, angemessene Luftfilterungen zu überlegen. Zusätzlich muss das Aussetzen von Materialien gegenüber Dämpfen, die bei Renovierungsarbeiten wie etwa Lackieren oder Kleben frei werden, kritisch gesehen werden. Es muss Sorge getragen werden, die Kontakte mit solchen Gasen gering zu halten. Ferner bilden sich Ablagerungen von Tabakrauch an den Oberflächen von Trägern und Geräten, z.B. an den Linsen der Wiedergabegeräte optischer Platten. Abgesehen vom Brandrisiko ist das ein zusätzlicher Grund, das Rauchen zu verbieten, besonders angesichts moderner Formate mit hoher Datendichte.

3.5.4 Schädlinge. Tropische Gegenden leiden besonders unter Insekten und Ungeziefer, die schwer von Labors und Archiven fernzuhalten sind. Ganz allgemein ist Papier am meisten gefährdet, das in Verbindung mit audiovisuellen Trägern steht, also LP Alben und Begleitpublikationen. Termiten und andere Insekten haben außerdem die Tendenz, in Kassetten einzudringen. Es kann keine andere Empfehlung gegeben werden als Labor- und Lagerräume möglichst dicht zu halten. Bei allen chemischen Maßnahmen sollte man ein mögliches Zusammenwirken mit den Trägern bedenken. Die Begasung [fumigation], wie sie üblicherweise in tropischen (Papier-)Archiven zur Bekämpfung des Insektenbefalls der Bestände angewendet wird, wird wegen der unbekannten möglichen Interaktion gegenüber audiovisuellen Trägern, im Besonderen von Tonbändern, nicht empfohlen.


19. Dieselben Chargen professioneller Videobänder wurden unter gleichen Temperatur/rel. Feuchte- Bedingungen im österreichischen Fernseharchiv in Wien, sowie in Linz gelagert. Die Linzer Bänder, einer Stadt mit damals nicht unerheblicher Luftverschmutzung, litten deutlich unter Bindemittelproblemen, die Wiener Bänder nicht. Trotz professioneller Untersuchungen konnte das Problem nicht aufgeklärt werden.

3.6 Licht, ultraviolette (UV) und Röntgen-Strahlen

3.6.1 Licht und ultraviolette Strahlung haben verschiedene verändernde Einflüsse auf audiovisuelle Träger. Viele Polymere, z.B. PVC, verändern sich unter dem Einfluss von Licht. Besonders gefährlich ist die dauernde Einwirkung von Tageslicht auf einmal beschreibbare optische Platten (CD-R etc., „Dye Discs“, siehe 2.3.1.2). Tests haben ergeben, dass besonders direkte Sonneneinstrahlung diese Platten binnen Wochen unleserlich macht.20 In welchem Ausmaß sich jahrelange Einstrahlung kleiner Lichtmengen auf diese Platten auswirkt, die in ihren Behältern, aber nicht in dunklen Archivräumen gelagert werden, ist nicht erhoben worden. Es wird daher klug sein, jede unnötige Aussetzung audiovisueller Träger gegenüber Lichtquellen und besonders eine direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden, die zusätzlich Temperaturen jenseits sicherer Grenzwerte mit sich bringen kann.

Manche audiovisuellen Archive haben in ihren Lagerräumen Beleuchtungen mit niedrigen UV-Anteilen installiert, eine vernünftige Maßnahme in Archiven, die regelmäßig oder dauernd beleuchtet werden.

3.6.2 Röntgenstrahlen, wie sie von Flughafengeräten angewendet werden, haben zum Unterschied auf unentwickelte Filme keinen Einfluss auf Ton- oder Videoträger. Tests haben gezeigt, dass extrem hohe, tödliche Dosen, wie sie zur Dekontaminierung von Objekten von Keimen, z.B. Anthraxsporen, eingesetzt werden, keinen Einfluss auf die aufgenommenen Signale haben. Es ist aber nicht bekannt, inwiefern sie die Lebenserwartung so behandelter Träger negativ beeinflussen.


20. Kunej 2001.

3.7 Magnetische Streufelder

Magnetische Streufelder sind der natürliche Feind magnetischer Aufzeichnungen. Deren Empfindlichkeit gegenüber einer Beeinflussung bis hin zur Löschung ist von der Koerzitivkraft ihres magnetischen Materials abhängig – der Widerstandskraft einer vorgegeben magnetischen Orientierung gegenüber einer Neuausrichtung. Sie hängt auch von der Signaldarstellung ab, die unterschiedliche Empfindlichkeiten gegenüber einer Beeinflussung aufweisen. Die analoge lineare Aufzeichnung von Audiosignalen, die wir auch auf den Randspuren analoger Videoformate finden, weist die größte Empfindlichkeit auf. FM Audio, alle Videosignale, und alle digitalen Aufzeichnungen sind resistenter gegen Veränderungen durch Magnetfelder. Die magnetischen Grenzwerte werden daher für analoge lineare Audioaufzeichnungen angegeben.

3.7.1 Grenzwerte für Streufelder

Für Eisenoxide mittlerer Koerzitivkraft, wie sie weithin für analoge Tonaufnahmen auf offenen Spulengeräten verwendet wurden (typisch rund um 400 Oersted), wurden folgende maximalen Werte für Magnetfelder festgelegt:

5 Oe (= 400 A/m) für Wechselfelder
25 Oe (= 2000 A/m) für Gleichfelder

Diese Grenzwerte wurden bei 50% jener Feldstärken festgelegt, bei denen die Beeinflussung von Magnetfeldern auf aufgezeichnete Signale messbar wurde. Chromdioxid- und Metall-Bänder haben höhere Koerzitivkräfte.

3.7.2 Quellen magnetischer Streufelder

Wechselfelder werden typischerweise von Wechselstrom-betriebenen Motoren und Transformatoren erzeugt. Stromleitungen für Wechselstrom entwickeln keine signifikanten externen Felder, solange die beiden Leiter eng beieinander geführt werden, was normalerweise der Fall ist. Gleichfelder gehen von Permanentmagneten aus. Im Gegensatz zu manchen Ängsten ist das Magnetfeld der Erde zu schwach, um Magnetaufnahmen zu beeinflussen.

3.7.2.1 Typische Gefahren in audiovisuellen Archiven. Die gefährlichsten Streufelder, die in audiovisuellen Archiven auftreten, gehen von dynamischen Mikrophonen, dynamischen Kopfhören, dynamischen Lautsprechern, sowie von Drehspulen-Anzeigeinstrumenten (Pegelmessern) aus. Da die Feldstärke exponentiell zur Distanz der Quelle abfällt, sind selbst die stärksten Magnetfelder solcher Geräte in einer Distanz von 15cm zu aufgezeichneten Bändern deutlich unterhalb der oben angegebenen Grenzwerte von Gleichfeldern. Allerdings erzeugen Geräte, wie sie für die absichtliche Löschung von Audio- und Videobändern benützt werden, ein extrem starkes Magnetfeld und dürfen daher nicht in Räumen benützt werden, in denen bespielte Bänder bearbeitet oder gelagert werden. Wenn solche Geräte aus Laboroder Lagerräumen entfernt werden, ist zu bedenken, dass normale Mauern keine Abschirmung für Magnetfelder darstellen. Zu den mit dem Transport verbundenen Risiken siehe 4.8.

3.7.2.1.1 Entmagnetisierung von Wiedergabegeräten [de-gaussing]. Um negative Einflüsse auf magnetische Aufzeichnungen zu vermeiden, müssen in regelmäßigen Abständen alle metallischen Bandführungsteile und die Köpfe entmagnetisiert werden (täglich oder nach 10 Gebrauchsstunden). Gleichfelder verschlechtern den Signal- Rauschabstand und können nichtlineare Verzerrungen erhöhen. Um unabsichtliche Magnetisierungen zu vermeiden, dürfen magnetische Schraubenzieher oder sonstige Werkzeuge nie für die Wartung von Magnetaufzeichnungsgeräten verwendet werden. Ebenso dürfen Kopfträger nur bei abgeschalteten Maschinen getauscht werden.

3.7.2.2 Allgemeine Gefahren. Magnetische Verschlüsse von Möbeln sowie magnetische Tafelsticker müssen unbedingt vermieden werden, weil ihr unabsichtlicher direkter Kontakt mit bespielten Magnetbändern unvermeidlich und schädlich ist. Elektromagnetische Türschließer, wie sie bei Türen von Löschabschnitten verwendet werden, müssen hinsichtlich der Stärke ihres Magnetfeldes überprüft werden. Elektrische Motoren zur Bewegung von Mobilregalanlagen sowie Transportbändern müssen ebenfalls geprüft werden, sowie Staubsauger, die in Lagerräumen eingesetzt werden. Elektrisches Schweißen darf nicht in der Nähe von aufgezeichneten Magnetbändern erfolgen: Ein Abstand von mindestens einem Meter ist einzuhalten. Es ist auch ratsam, die unmittelbare Umgebung außerhalb von Lagerräumen zu untersuchen, da Mauern keinen Schutz vor Magnetfeldern darstellen. Haustransformatoren und Motoren von Aufzügen unmittelbar außerhalb der Lagerräume könnten möglicherweise unbemerkt bleiben, vor allem wenn sie sich in Nachbargebäuden befinden. Zum Transport von Magnetbändern siehe 4.8.3.

3.7.2.3 Metallregale. Im Unterschied zu vielen Befürchtungen in den 1950er Jahren stellen Metallregale normalerweise keine Gefährdung für die Lagerung magnetischer Aufnahmen dar. Es muss aber vermieden werden, dass Metallregale nicht unabsichtlich Teil von Blitzableitern im Falle eines Einschlages (3.7.2.4.1) werden. Daher muss das Erden von Metallregalen, das verbreitet von allgemeinen Sicherheitsbestimmungen verlangt wird, mit Fachleuten kritisch diskutiert werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Metallregale ein magnetisches Feld aufweisen. Wenn eines auftritt, ist es wahrscheinlich die Folge eines Transportmagneten in Zuge der Herstellung.21

3.7.2.4 Elektromagnetische Pulse (EMP) sind einzelne, extrem kurze, hochenergetische und breitbandige Ausbrüche von elektromagnetischer Strahlung. Obwohl das elektromagnetische Feld eines EMP nur für eine extrem kurze Zeit besteht, kann es sehr stark sein, wobei es Datenträger in zweierlei Weise gefährdet: magnetische Träger verlieren ihre magnetische Orientierung, wodurch ihre Information gelöscht wird, während Festkörperspeicher durch die hohen Induktionsspannungen zerstört werden können. Abgesehen für Datenträger sind starke künstlich erzeugte EMP wegen ihres zerstörerischen Potentials besorgniserregend für jegliche elektronischen Geräte, elektrische Installationen und, als Folge von Feuer, für ein ganzes Gebäude. Da sich elektromagnetische Strahlen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, ist keine Warnung möglich.

Es gibt mehrere Formen von natürlichen und von künstlichen, also menschengemachten EMP. Für die Bewahrung audiovisueller Dokumente sind nur drei Formen von besonderem Interesse: Blitze, andere elektrostatische Entladungen und EMP als Ergebnis von atomaren Explosionen.

3.7.2.4.1 Blitze. Obwohl bisher kein Bericht über einen Schaden durch Blitzableiter nach einem Blitzeinschlag vorliegt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass dies manchmal unbemerkt passiert. Das magnetische Feld um einen Blitzableiter bei einem Einschlag hängt von der Stromstärke der elektrischen Entladung und der Entfernung vom Blitzableiter ab. Ein Blitzeinschlag in gemäßigten Breitengraden erzeugt im Durchschnitt eine Stromstärke von 25 bis 30 kA.22 In den Tropen wurden jedoch schon 400 kA gemessen. Während bei 60 kA eine Entfernung von 5m zum Blitzableiter ausreicht, um das Magnetfeld auf den Grenzwert von 25 Oe zu reduzieren, müsste der Abstand bei einem Blitz von 400 kA ungefähr 33m betragen. In einem gut geplanten Blitzableitersystem wird der elektrische Strom in mehrere getrennte senkrechte Ableiter aufgeteilt, die dann jeweils nur einen Teil des Stroms aufnehmen. Das reduziert in der Praxis den erforderlichen Sicherheitsabstand zwischen Blitzableiter und magnetischen Trägern. Allerdings muss alles getan werden, um zu vermeiden, dass Metallregale, Wasserleitungen oder Zentralheizungsrohre mit dem Blitzableitersystem verbunden sind. Blitzschutzanlagen sollten IEC 1024-1 entsprechen.

Diese potentielle Gefährdung ist ein allgemein unterschätzter Faktor im Bereich der audiovisuellen Bewahrung und sollte bei einer Überprüfung der Archivsicherheit oder bei dem Entwurf eines Neubaus sorgfältig beachtet werden.

3.7.2.4.2 Andere elektrostatische Entladungen. Elektrisch nichtleitende Gegenstände können sich durch Reibungselektrizität elektrostatisch aufladen. So kann sich zum Beispiel der menschliche Körper durch das Gehen auf einem gut isolierenden Teppich bis zu 30 kV aufladen, speziell bei sehr niedriger relativer Luftfeuchtigkeit. Beim Berühren von leitfähigem Material erfolgt über einen kleinen Funken eine Entladung mit der Folge eines sehr kurzen und hohem EMP, der möglicherweise empfindliche elektronische Bauteile beschädigt oder sogar zerstört – ein weiterer Grund, um neben der Vermeidung von Staub Teppiche aus audiovisuellen Archiven zu verbannen.

Ein weiterer Effekt entsteht durch elektrostatisch aufgeladene Schallplatten und Magnetbänder, vorzugsweise bei solchen aus PVC. Beim Abspielen werden Entladungen als Klicks hörbar, und zwar sowohl am Ausgang der Wiedergabeanlage als auch akustisch im Abspielraum. Solche Entladungen beschädigen den Träger zwar nicht, aber ihr störender Einfluss beim Abspielen muss vor oder während des Abspielens durch Entladungshilfen vermieden werden.

3.7.2.4.3 Künstliche EMP. Im Bereich der audiovisuellen Bewahrung ist einzig die Explosion einer Kernwaffe (nuclear EMP, NEMP) als Quelle eines künstlichen EMP von Bedeutung. Die Stärke ihres Magnetfelds ist abhängig von verschiedenen Faktoren (Detonationskraft, Form der Waffe, Höhe der Explosion über dem Erdboden), möglicherweise stark genug, um ungeschirmte magnetische Informationen zu löschen, aber auch indirekt gefährlich durch die Zerstörung von elektronischer Hardware, elektrischen Installationen und Einrichtungen infolge eines Feuers, das durch die hohen Induktionsspannungen in metallischen Leitern entsteht.

3.7.2.4.4 Schutz vor EMP. Obwohl theoretisch audiovisuelle Archive durch Kernwaffen erheblich gefährdet sein können, ist die Wahrscheinlichkeit dafür äußerst gering. Vorsorge als Schutz gegen einen EMP für Ausstattung und magnetische Träger kann getroffen werden, indem man sie in einem Faraday-Käfig lagert und Gebrauch von geeigneten Schutzleitern (galvanische Trennung, Überspannungsableiter) auf allen Starkstromleitungen macht. Gebäude und einzelne Räume kann man abschirmen, indem man sie rundum mit geerdetem metallischen Maschendraht versieht.

Generell gilt, dass der Maschendraht umso feiner sein muss, je höher die Frequenz der elektromagnetischen Strahlung ist. Da das Spektrum eines EMP – theoretisch – unbegrenzt ist, erfordert eine effektive Abschirmung eine allseitige Auskleidung mit Blech hoher Leitfähigkeit, zum Beispiel Kupfer, das gut geerdet ist.

3.7.2.5 Kopiereffekt. Dabei handelt es sich um ein unabsichtliches Kopieren des Signals auf die benachbarten Bandlagen. Das Problem ist eine Folge der ungleichen Verteilung der Koerzitivkräfte in einem Pigment. Während die hoch-koerzitiven Pigmentanteile der Re-Orientierung durch die Nachbarlagen widerstehen, ist der geringe Prozentsatz von niedrig-koerzitiven Pigmentteilen für eine Re-Orientierung empfänglich. Der Kopiereffekt tritt unmittelbar nach der Aufnahme mit dem ersten Kontakt aneinander liegender Bandlagen auf und wächst logarithmisch mit der Zeit.23 Abgesehen von einer bestimmten Empfindlichkeit eines gegeben Pigments gegenüber dem Kopiereffekt hängt der Pegel des kopierten Signals auch von der Dicke des Bandes ab.24 Die Steilheit des Pegelanstieges erhöht sich mit der Temperatur und wird auch durch die Einwirkung externer Magnetfelder gefördert.

In der internationalen Schichtlage („oxide in“) ist das kopierte Signal auf der äußeren Nachbarlage des nährenden Signals stärker als das auf der inneren. Wird das Band auf der linken, abgebenden Spule gelagert, ist das „unnatürliche“ Vor-Echo stärker als das weniger störende Nach-Echo. Daher hat die Lagerung auf der Aufwickelspule („tails out“) weite Verbreitung gefunden. Bei der „Deutschen Schichtlage“ („oxide out“, „B-wind“) trifft das Gegenteil zu.

Weil der Kopiereffekt die Folge von instabilen Pigmentpartikeln mit geringer Koerzitivkraft ist, kann er vor dem Abspielen weitestgehend durch das mehrmalige Umwickeln im schnellen Wickelmodus entfernt werden. Dies bewirkt die Löschung dieser niedring-koerzitiven Partikel mit Hilfe des magnetostriktiven Effekts.25

Um den Kopiereffekt für späteres Abspielen möglichst gering zu halten, sollten Bänder nach Aufnahme und Abspielen auf Lagertemperatur gebracht werden und dann noch mehrmals rasch umgewickelt werden.

Es sei daran erinnert, dass das Kopiersignal Teil der neuen Aufnahme wird, wenn versäumt wurde, es vor dem Abspielen zu reduzieren.


Abb. 28: Gegenseitige Beeinflussung benachbarter Bandlagen.


Abb. 29: Vor- und Nachechos.


21. Systematische Messungen an Metallregalen haben Gleichfelder in der Größe bis zu 1 Oe ergeben. Es ist vielleicht ratsam, bei der Bestellung diesen Grenzwert als maximal zulässigen zu spezifizieren und nach der Lieferung nachzumessen.

22. So überschreiten zum Beispiel in Österreich durchschnittliche Blitzschläge nicht 30 kA. Daher werden Blitzableiter zur Ableitung von 60 kA Einschlägen dimensioniert.

23. Der Pegel steigt in der ersten Zeiteinheit genauso schnell wir in den nächsten zehn bzw. in den weiter folgenden einhundert (bzw. jeder anderen exponentiellen Folge von) Zeiteinheiten.

24. Wegen des Verhältnisses von Wellenlänge zur Dicke des Bandes, sowie wegen der besseren Empfindlichkeit im Hörbereich um 1000 Hz hängt die subjektive Lästigkeit auch von der Banddicke und seiner Geschwindigkeit ab: So ist der Kopiereffekt auf einem mit 38 cm/s aufgenommenen Studioband wesentlich störender als der auf einem dünnen Kassettenband mit der Geschwindigkeit 4.76 cm/s.

25. Bei den meisten Bändern konnte der Kopiereffekt, der innerhalb von 224 Tagen aufgebaut worden war, durch dreimaliges schnelles Umwickeln unter den 24 Stundenwert gedämpft werden (Schüller 1980).

3.8 Reinigung von Trägern

Reinigung von Trägern.26 Um jene im Kapitel 3.5 beschriebenen negativen Beeinflussungen zu vermeiden, müssen Träger von allen Fremdkörpern sowie den Komponenten bzw. Rückständen chemischer Veränderungsprozesse befreit werden. Aus prinzipiellen Gründen sollten alle Träger, die neu in ein Archiv kommen, gereinigt werden, bevor die in den Lagerregalen abgelegt werden. Das ist besonders bei verschmutzten bzw. staubigen Sammlungen aus ariden Zonen notwendig, wie auch bei Sammlungen mit Schimmelbefall. Vor dem Transfer müssen die Träger noch einmal hinsichtlich Schmutz Staub, und Fremdkörper geprüft und angemessen gereinigt werden. Für alle Träger (mit einigen Ausnahmen) gilt folgende Reihenfolge:

Saubere Pressluft. Sie ist für seltenen Gebrauch in Dosen käuflich erwerbbar. Für den regelmäßigen Bedarf sollte ein entsprechender Kompressor mit passendem Filter angeschafft werden.

Sanfte mechanische Entfernung. Für mechanische Träger sollten Pinsel mit Borsten, die weicher als das zu reinigende Material sind, für die Entfernung von losen Fremdkörpern verwendet werden. Für Magnetbänder sind weiche, faserfreie Fliese wie Pellon® geeignet, die auch innerhalb des Bandlaufs eingefügt werden können. Für Kassettenbänder werden Reinigungsmaschinen angeboten. Große Vorsicht ist bei optischen Platten geboten, zumal Reinigung oft mit dem Verursachen von irreparablen Kratzern verbunden sein kann.

Mechanische Platten sollten in Rillenrichtung kreisförmig, optische Platten radial gereinigt werden.

Gesundheitliche Vorsicht ist bei der Reinigung von verschimmelten Trägern und ihren Gehäusen geboten. Die Reinigung sollte in chemischen Laborabzügen bzw. im Freien vorgenommen werden. Bei der Anwendung sind Atemmasken zu tragen.

Destilliertes Wasser. Fast alle audiovisuellen Träger können kurzzeitig destilliertem Wasser ausgesetzt werden. Ausnahmen betreffen Aufnahmeplatten aus Gelatine, Karton und anderen wasserlöslichen Materialien. Zur Verstärkung der Wirkung können milde Spülmittel zugesetzt werden. Für Schallplatten werden Reinigungsmaschinen angeboten. Es ist sehr wichtig, dass alle Träger nach ihrer Reinigung mit Wasser gründlich getrocknet werden.

Chemische Lösungsmittel. Ihre Anwendung ist der letzte Schritt zur Fremdkörperentfernung, wenn mildere Mittel versagt haben. Sie sollten nur nach Konsultation verlässlicher Quellen bzw. Beratung durch Experten eingesetzt werden. Weil die Zusammensetzung von Trägern, besonders historischer Bänder und Aufnahmeplatten, oft unbekannt und ihre Reaktion auf Lösungsmittel unvorhersagbar ist, ist vorsichtiges Testen unabdingbar. Es muss auch bedacht werden, dass nachteilige Reaktionen nicht immer gleich offenkundig werden. Besonders die Entfernung von Nebenprodukten chemischer Reaktionen muss mit Experten eingehend untersucht werden. Der Gebrauch kommerzieller Produkte ohne Deklaration ihrer Zusammensetzung ist verboten.


26. Dieser Absatz behandelt nur Grundsätzliches. Die entsprechenden Details finden sich in IASA-TC 04, Kapitel 5.

4 Lagerung und Transport

4.1 Umgebungsbedingungen

Die Regulierung der Umgebungsbedingungen in einem Archiv ist das Produkt

  • der vorherrschenden Umgebung,
  • der Konstruktion der Lagereinrichtung,
  • der Isolierung und der Dampfsperre,
  • und der Klima- und Lüftungsanlagen.

Bei der Planung für die Lagerräume eines Archivs müssen alle vier Bedingungen berücksichtigt werden. So führt zum Beispiel eine Überdimensionierung der Klimaanlage zur Kompensation mangelhafter Raumisolierung zu instabilen und unbeständigen Verhältnissen. Wie bereits an anderer Stelle dieser Publikation angeführt, ist die Stabilität wichtiger als das einseitige Einhalten absoluter Werte. Im Folgenden werden einige grundsätzliche Informationen aufgezeigt, die bei einer individuellen Bedarfsplanung nützlich sein können.

4.2 Standort/Platz/Unterbringung

Optimal für einen Lagerraum ist seine Einrichtung in der Mitte eines Gebäudes, am besten in einer gegenüber dem Erdgeschoß leicht erhöhten Position. Dies erlaubt eine effektive und unabhängige Steuerung aller Umgebungsfaktoren einschließlich Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wasser, Staub, Schadstoffbelastung, Licht und elektromagnetischer Strahlung. Eine Platzierung an einer Außenseite des Gebäudes würde die Steuerung schwieriger und möglicherweise weniger effektiv machen. Eine Unterbringung unterhalb des Erdgeschosses verursacht höhere Kosten der Klimatisierung und macht eine wirksame Unterdrückung von Wassereinbrüchen kompliziert. Die Lagerräume sollten feuerfest, thermisch isoliert und gegen eindringendes Wasser geschützt sein, wofür es viele Gründe geben kann.

4.3 Lüftungs- und Klimaanlage, Umgebungsbedingungen

Beide gehören zum „technischen Gebäudemanagement“, mit dem man heutzutage Systeme mit unterschiedlicher Komplexität zur Steuerung aller Parameter in einem Gebäude beschreibt. Zwar wurden solche Systeme für die komfortable Unterbringung von Hausbewohnern entwickelt, aber sie sind genauso für die Unterbringung von audiovisuellen Sammlungen unter Langzeitbedingungen notwendig, so wie sie in dieser Publikation spezifiziert sind. Grundsätzlich besteht kein Unterschied zwischen Klimaanlagen für Lagerungszwecke und für Wohn- oder Arbeitsräume. Jedoch erfordern Klimaanlagen für die Lagerung von audiovisuellen Sammlungen engere Toleranzen und wesentlich bessere Regulierungsmöglichkeiten.

4.3.1 Temperaturregulierung. Die Temperatur in einem Lagerraum wird durch Erwärmung oder Abkühlung der Zuluft für den zu regulierenden Bereich erreicht. Sensoren im Raum erfassen den Istwert, mit dem die Zuluft dann nachgesteuert wird. Die Regelung durch Sensoren wirft einige untenstehende Fragen auf.

Es ist wichtig zu beachten, dass Kühlen den Entzug von Wärme und deren Abtransport in eine andere Umgebung bedeutet.

Eine Verdunstungskühlung, bei der Luft durch einen feuchten Raum geleitet und dabei Wärmeenergie entzogen wird, hat in einem Archiv keinen Platz, teils weil sie die relative Luftfeuchtigkeit erhöht. Ohnehin funktioniert sie nur in sehr trockenen Klimazonen.

Ein entscheidender Punkt bei der Planung einer Überwachungsanlage für Raumbedingungen ist die Tatsache, dass das Erwärmen von Luft die relative Luftfeuchtigkeit senkt und das Kühlen von Luft die relative Luftfeuchtigkeit erhöht. Beide Parameter, nämlich gleichbleibende Temperatur bei gleichbleibender Luftfeuchtigkeit, sind von größter Wichtigkeit und untrennbar miteinander verbunden: daher muss ist die Regelung der Temperatur stets mit der Regelung der Luftfeuchtigkeit verkoppelt werden. (3.2.3).

4.3.2 Grundlagen der Luftentfeuchtung. Fast jede Lagerung erfordert die meiste Zeit eine Entfeuchtung der Luft, um deren Feuchtegehalt zu reduzieren, damit die in der vorliegenden Publikation aufgeführten Bedingungen eingehalten werden. Die Notwendigkeit einer Erhöhung der Luftfeuchtigkeit tritt wesentlich seltener auf und kann, wenn erforderlich, relativ leicht erfolgen. Die Angabe der relativen Luftfeuchtigkeit ist die gebräuchlichste Art, den Feuchtigkeitsgehalt anzugeben und bedeutet eine prozentuale Angabe des maximalen Gehalts an Wasser, den die Luft bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Luftdruck halten kann; letzterer hängt von der Höhe über Normal-Null ab.

Luftentfeuchtung ist die Entfernung von Wasserdampf aus der Luft, um die relative Luftfeuchtigkeit zu reduzieren. Wie schon gesagt: Luft kühlen erhöht die relative Luftfeuchtigkeit. Wenn die Temperatur der Luft sinkt, wird schließlich ein Punkt erreicht, an dem der Wasserdampf in Form von flüssigen Tröpfchen kondensiert. Dieser Punkt wird „Taupunkt“ genannt.


Abb. 30 Verlauf des Taupunkts in Abhängigkeit von der Lufttemperatur (Original: Easchiff, Derivative: SLUB Dresden / Carsten Pietzsch [CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de)], via Wikimedia Commons).

Um Luft zu entfeuchten, kühlt man sie gewöhnlich bis auf eine Temperatur unterhalb des Taupunkts herunter und entzieht ihr das dabei entstehende Wasser. Sie wird dann wieder auf die erforderliche Temperatur erwärmt, wobei die resultierende relative Luftfeuchtigkeit das Produkt aus der entfernten Wassermenge und der Temperatur nach Beendigung des Vorgangs ist.

Obwohl dieser Ansatz praktisch, einfach und üblich ist, beinhaltet er eine Reihe von signifikanten Problemen. Erstens sind die Energiekosten für die Kühlung und Wiedererwärmung erheblich und sollten als ausschlaggebender Faktor jeglicher Langzeitarchivierung betrachtet werden. Zweitens ist die Menge an entzogener Feuchtigkeit proportional der Temperaturdifferenz und daher muss ein System überdimensioniert werden, um für eine große Zahl von klimatischen Bedingungen in einem Archiv geeignet zu sein, wie die Erfahrung an vielen Standorten zeigt. Dies ist ein Problem für viele kühl-feuchte Klimazonen. Schließlich ist es schwierig, die genaue Steuerung von Klimaanlagen mit dieser Methode zu erreichen. Sie kann dazu führen, dass das System dauernd die Vorgaben an Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit abgleichen will. Das führt dann zu einem ständigen Herauf- und Herunterfahren, was sich hinwiederum nachteilig für die Lagerung von Archivmaterial auswirkt.

Das so gennannte Antikondensationsverfahren benutzt ein Trocknungsmittel, das Feuchtigkeit absorbiert. Nach seiner anschließenden Erhitzung außerhalb des Einsatzbereichs kann es erneut eingesetzt werden. Dieses Verfahren erreicht die niedrigen Feuchtestufen, wie sie für die meisten Archive erforderlich sind, und sie können energieeffizienter als die oben beschriebenen Systeme betrieben werden.

4.3.3 Sensoren oder Messfühler werden benutzt, um Abweichungen bei Temperatur, Luftfeuchtigkeit und anderen Faktoren zu registrieren. Die meisten Messfühler in gewöhnlichen Büroräumen weisen Toleranzen von +/- 5% oder mehr auf, ausreichend für diese Anwendungen; für den kritischen Einsatz in Archiven erreichen sie die in dieser Publikation geforderten Spezifikationen nicht.

Messfühler überwachen den Zustand in einem kontrollierten Bereich und übermitteln ihre Daten an die Klimaanlage. In der einfachsten Form wird bei Abweichungen vom Soll-Wert das System angeschaltet; sobald dann die Soll-Werte erreicht sind, wird es wieder abgeschaltet. Bei dieser Funktionsweise schwanken die Ist-Werte zwischen „hoch“ und „niedrig“, was sich in einem negativen Effekt auf das gelagerte Material auswirkt. Um das zu vermeiden, schalten moderne Systeme, ausgestattet mit Messfühlern und Regelungstechnik hoher Qualität, das Erwärmen und Abkühlen schrittweise an und aus und erzielen auf diese Weise stabile Werte.

Im Allgemeinen werden Messfühler in der abgeführten Luft installiert. Ein unzureichend geplantes System kann innerhalb des Archivs zur Bildung von kleinen Bereichen und Aussparungen mit einer Art Mikroklima führen, in denen keine Regelung erfolgt. Daher werden mehrfache Messfühler empfohlen, deren Messdaten unterschiedlich gewichtet werden.

4.3.4 Luftqualität und Filter. Klimaanlagen sind generell dazu gedacht, der Luft in einem bestimmten Regelbereich eine vorgegebene Menge an Frischluft von außen beizumischen. Je kleiner die benötigte Frischluftmenge, desto einfacher und kosteneffektiver der Betrieb der Anlage. Diese Frischluftmenge hat Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die meisten Länder haben Standards, die eine Mindestmenge an Frischluft von ungefähr 10 Prozent vorschreiben. Obwohl man in Archiven mit weniger Frischluft auskommen könnte, müssten die Messfühler dann die Bildung von Kohlendioxid und weiteren unerwünschten Gasen erfassen. Dazu kommt, dass plastikhaltige Archivmaterialien Gase abgeben können, die sich dann in so einer Umgebung ansammeln. Daher ist ein Frischluftanteil um die 10 Prozent ein guter Kompromiss zwischen Kosten und Luftreinhaltung. Der Luftstrom durch den klimatisierten Bereich muss in alle Ecken und Winkel fließen können, damit sich keine örtlichen Anreicherungen von kontaminierenden Gasen bilden.

Das Einführen behandelter Umgebungsluft wird mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Ansammlung von Staub und anderen Partikeln führen. Klimaanlagen müssen daher mit Filtern versehen sein, die derartige Fremdkörper zurückhalten. Filtertypen und die Größe der zurückgehaltenen Fremdkörper werden von der Qualität der Luft im, aber vor allem außerhalb des Gebäude abhängen. Zusätzlich zu gut gewarteten Filtern kann die Menge des Staubes durch einen Überdruck in den Lagerräumen gegenüber den umgebenden Räumen minimiert werden.

Lagerräume und Versuchsräume sollten nach Reinraum-Klasse ISO 8 oder vorzugsweise ISO 7 gemäß ISO I 4644-I ausgeführt werden.27

Die Anwesenheit von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Stickoxiden und anderen gasförmigen Verunreinigungen verringert die Lebenserwartung von Trägermaterial. In den meisten Ländern ist die Luftqualität vorgeschrieben und es werden spezielle Filterklassen empfohlen.

Alle Filter müssen zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit regelmäßig gewartet und gereinigt werden.


27 ISO 8 entspricht der vormaligen Reinraum-Klasse 100 000 nach US FED STD 209E, ISO 7 der Klasse 10 000.

4.4 Wände, Mauerwerk, Wärmetransfer und Feuchtigkeitsdurchlässigkeit

Der wirksamste Weg für die Kontrolle der Umgebungsbedingungen in einem Archiv sind Räume mit guter thermischer Isolierung und geringer Durchlässigkeit für Luftfeuchtigkeit. Gewöhnliches Baumaterial wie Gipsplatten, Ziegelsteine und Schlackenbeton bieten keine hinreichende Isolierung gegen Temperaturschwankungen und ermöglichen das Infiltrieren von Luftfeuchtigkeit in das Archiv. In solchen Fällen müssen Dichtungsmittel auf allen Oberflächen aufgetragen und alle Lücken, Spalten und Aussparungen abgedichtet werden, auch rund um die Türzargen. Auch soll die Herstellung von Luftschleusen erwogen werden.

Empfehlenswert zur Temperaturregelung ist die Herstellung einer vollsolierten Struktur innerhalb eines bestehenden Gebäudes (4.2). Die Wände bestehen dabei aus undurchlässigem Material, aus steifen Aluminium/Polysstyrol Sandwich-Paneelen, wie sie für den Bau von Lebensmittellagern verwendet werden. Bei ihnen sind alle sämtliche Durchbrüche wie zum Beispiel Türen, Kabelschächte und andere Zuführungen, Dübelund Schraubenlöcher und Halterungen für Befestigungsmaterial, abzudichten, denn absolute Dampf-Dichtigkeit ist für die Wirksamkeit von entscheidender Bedeutung. Die meisten Anwender solch vollisolierter Räume berichten von einer wesentlichen Reduktion der Größe und Kosten für die Klimaanlage. Im Falle eines Stromausfalls behalten solche Anlagen ihre Sollwerte auch über einen längeren Zeitraum bei.

4.5 Spezifikationen für die Errichtung eines Archivs bei Ausschreibungen

Oft ist es schwierig, dem Bauherrn oder einem Klimaexperten klare Vorgaben für die Anforderungen in einem Archiv aufzulisten. Die alleinige Angabe einer Zieltemperatur
dürfte nicht zum Ziel führen. Folgende Parameter sollten berücksichtigt werden:

  • Sollwerte der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit
  • Toleranzbereich der Sollwerte (+/- in Zahlen)
  • Häufigkeit des Soll/Ist-Abgleichs
  • die Änderungsgeschwindigkeit
  • Frischluftmenge in Prozent der zirkulierenden Luft
  • Luftreinheit ausgedrückt in Prozent, oder Güteklasse einer notwendigen Filteranlage
  • Luftstrom durch den Archivbereich
  • Anzahl der Messfühler und ihren Anbringungsort, und die Möglichkeiten zur
  • Ermittlung der Soll/Ist-Werte insgesamt
  • Energieverbrauch bei bestimmten Bedingungen

Alternativ zu einem Standard-Liefervertrag bietet sich ein Leistungsvertrag an, bei dem die Leistung entweder in Form von vorgeschriebenen Vorgaben beziehungsweise
Näherungswerten definiert ist, wobei der Lieferant verpflichtet ist, während einer bestimmten Zeit die Anlage so zu betreiben und zu warten, dass sie anschließend die
Vorgaben im Dauerbetrieb erfüllt. Das ist vermutlich etwas teurer, bietet aber einen starken Anreiz für den Lieferanten, die Vorgaben langfristig zu erfüllen.

4.6 Regalanlagen

4.6.1 Material. Heutzutage werden im Allgemeinen Metall (Stahl)-Regale verwendet. Es besteht keinerlei Gefahr für die Lagerung von Magnetbändern (3.7.2.3). Von Holzregalen, wie sie in den 1950er und 1960er Jahren bevorzugt wurden, wird jetzt abgeraten, da deren chemische Behandlung auf audiovisuelle Träger Einfluss haben kann.

4.6.2 Regalbelastung. Regale müssen robust genug sein, um der Belastung durch A/V-Träger gewachsen zu sein. 1 laufender Meter einschließlich Behälter wiegt annähernd:

Audio
Schellackplatten 25 cm (10‘‘) Ø 72 kg
Schellackplatten 30 cm (12‘‘) Ø 92 kg
LPs 17 cm (7‘‘, Singles) Ø 21 kg
LPs 25 cm (10‘‘) Ø 38 kg
LPs 30 cm (12‘‘) Ø 54 kg
Tonband auf Spulen 13 cm (5‘‘) Ø 12 kg
Tonband auf Spulen 18 cm (7‘‘) Ø 18 kg
Tonband auf Spulen/Wickel 27 cm (10,5‘‘) Ø 48/40 kg
Tonband auf Wickel 30 cm (12‘‘) Ø 50 kg
CDS in Jewelcases 7 kg
Video
Magnetbänder 2‘‘ 30/45/70/90 min 84/114/120/142 kg
Magnetbänder 1‘‘ 75/126 min 75/87 kg
U-matic 22 kg
1/2 inch Kassetten, im Durchschnitt 8 kg
DVDs in Boxen 6 kg

4.6.3 Lagerungsposition. Alle A/V-Träger, egal ob Bänder, Platten oder Kassetten, sollen in aufrechter Position gelagert werden. Bei Schallplatten sollen Trennelemente in Abständen von etwa einem halben Plattendurchmesser gestellt werden. Die Platten selbst sollen nicht zu dicht gepackt sein, aber doch eng genug, damit sich keine ständige schiefe Position ergibt. Der Abstand der Trennelemente für Bänder soll etwa dem Durchmesser der Bänder entsprechen. Wenn ein Band zwischenzeitlich fehlt, muss es durch einen Dummy bis zu dessen Rückgabe ersetzt werden.

Lediglich „weiche“ Platten wie Gelatine- oder Decelith-Platten sollten waagrecht gelagert werden, aber nur in kleinen Stapeln mit nicht mehr als 10 Stück.

4.7 Behälter

Optimal sind Behälter aus chemisch reaktionsträgem Material, die ausreichend Schutz gegen mechanische Beschädigung bei normaler Handhabung und gegen Licht bieten. Durch Fortschritte bei den Untersuchungen zur Erhaltung von Magnetbändern in den letzten Jahrzehnten hat man die autokatalytischen Reaktionen bei der Zersetzung einiger Polymere verstanden. Als Resultat wird von einem luftdichten Behälter abgeraten, da die bei der Zersetzung entstehenden Nebenprodukte nicht entweichen können und den Zersetzungsprozess beschleunigen. Das Eindringen von Staub vermeidet man durch geeignete Isolation und Luftfilter für das gesamte Archiv. Dadurch kann die Luft um das Lagergut herum fließen und verlangsamt oder verhindert sogar autokatalytische Prozesse. Sofern ein wirksamer Staubschutz des gesamten Archivbereichs nicht möglich ist, hängt die Entscheidung zur Vermeidung von Staub von der Risikoabwägung zwischen den Zersetzungsprodukten innerhalb des Trägers und unvermeidbaren äußeren Gefahren ab.28

Als Ersatz von beschädigten oder ungeeigneten Behältern stehen vorzugsweise Materialien aus Polypropylen (PP) oder Polybutylen (PB) für Magnetbänder, Polyethylen (PE) oder säurefreies Papier für Schutzhüllen von LPs, und säurefreies Papier für Schellackplatten zur Verfügung. Zur sicheren Lagerung von Wachszylindern hat die ARSC (Association for Recorded Sound Collections) in Zusammenarbeit mit der Library of Congress einen speziellen Behälter (Archival Cylinder Box) entwickelt.29

Originalbehälter oder ursprüngliche Verpackungsmaterialien weisen oft eine Reihe von Problemen auf: säurehaltige Pappe könnte für Tonbandkartons und Plattencovers verwendet worden sein, säurehaltiges Papier für Notizen und LP- und CD-Begleithefte oder für alle möglichen Beipackzettel mit Erläuterungen bei Audio- oder Videokassetten. Frühe LPs besaßen manchmal PVC-Hüllen, die Weichmacher freisetzten und dabei die Oberfläche der LP beschädigten.

Behält man die Optimierung der Lebenserwartung im Auge, sollten idealerweise alle Träger von inadäquaten Behältern, Verpackungen und Begleitmaterialien befreit werden. Derartige Maßnahmen sollten allerdings sorgfältig überlegt und ihre konservatorischen Vorteile gegen ihre Kosten und organisatorischen Herausforderungen abgewogen werden. Die große Mehrheit der Behälter und Begleitmaterialien sind ihrerseits Informationsträger und ein konstitutiver Bestandteil des Gesamtdokuments. Jeder Verlust, oder jede Unordnung durch fehlerhafte Zuordnung der getrennten Teile wird im Allgemeinen einen größeren Schaden für die Integrität und Brauchbarkeit des Dokuments anrichten als jede theoretische konservatorische Optimierung. Ganz allgemein wird daher empfohlen, solche Maßnahmen auf die Abwehr eines direkten Schadens zu beschränken, etwa die Entfernung von PVC und anderen ungeeignet Hüllen für LPs, oder von Plastikhüllen für CA-Bänder.


28. Archive in moderaten Klimazonen können daher zu anderen Lösungen kommen als solche in heißen und trockenen Umgebungen.
29. Dieser Behälter wurde für die Lagerung einzelner „standard size“-Zylinder. Entworfen. Über Details informiert Bill Klinger, Obmann des ARSC Cylinder Subcommittee klinger@modex.com.

4.8 Transport

Transport erfordert adäquate Maßnahmen gegen Erschütterung, Klimawechsel und magnetische Streufelder.

4.8.1 Vorbeugung gegen Erschütterung, Schock und Stoß. Wachszylinder und Schellackplatten sind die gegen Erschütterung empfindlichsten Tonträger. Das erfordert eine ausreichend schockresistente Verpackung, insbesondere bei Versand per Post oder Frachtdienste. Das Verpacken von Wachszylindern erfordert einen sorgfältigen Ausgleich zwischen deren Packungsdichte innerhalb ihrer Kartons, der Packungsdichte der Kartons innerhalb eines äußeren Behälters und geeigneten Maßnahmen für eine Schockdämpfung. Zusätzlich müssen erhöhte Temperaturen insbesondere durch unbemerkte Sonnenbestrahlung vermieden werden. Wegen ihrer historischen Bedeutung werden Wachszylinder oft Spezialisten für Kunsttransporte anvertraut (4.8.4). Schellackplatten erfordern ein „box-in-box“-Verfahren, bei dem die inneren und die äußeren Behälter aus kräftigem Karton mit schockabsorbierenden Zwischenlagen aus Polystyrol oder ähnlichem Material bestehen. Die Schallplatten dürfen sich selbstverständlich nicht gegeneinander bewegen und müssen daher entsprechend dicht gepackt sein. LPs sind etwas weniger empfindlich, aber ein in etwa gleichwertiger Schutz ist vernünftig, um Beschädigungen der Plattenhüllen vorzubeugen. Dieselben Maßnahmen gelten für Magnetbänder mit offenem Wickel: Sie sind besonders dicht zu verstauen, damit sich einzelne Bandschichten nicht lockern und verschieben oder sich gar vom Wickelkern lösen.

4.8.2 Wärme und Feuchtigkeit. Durch jeglichen Transport sind A/V-Träger klimatischen Bedingungen außerhalb ihrer gewohnten Lagerung ausgesetzt. Zuallererst sollten Transportart und Reiseweg unter Beachtung jahreszeitlicher Schwankungen gewählt werden, um das Risiko extremer Witterungsverhältnisse zu minimieren. Des Weiteren muss eine angepasste Verpackung unvermeidliche Temperaturänderungen und den Kontakt mit Feuchtigkeit verhindern. Eine typische Gefahr ist die Bildung von hoher relativer Luftfeuchtigkeit, wenn A/V-Träger längere Zeit bei kühlen oder kalten Temperaturen gelagert wurden und anschließend einer wärmeren und feuchteren Umgebung ausgesetzt wurden. Ein Beispiel dafür ist der Transport als Luftfrachtgut mit Landung in einer heißen und feuchten Klimazone. Gegenmaßnahmen sind eine ausreichende Wärmeisolierung durch das Verpackungsmaterial während des Transports; anschließend sollten die Träger ventiliert werden, damit sich innen keine Feuchtigkeit niederschlägt und die Temperatur sich langsam dem Normalwert annähert. A/VTräger sollten nach Möglichkeit im Fluggastraum transportiert werden, der Transport in Frachträumen ohne Druckausgleich sollte vermieden werden.

4.8.3 Magnetische Streufelder. Die Magnetfelder, die die Metalldetektoren auf Flughäfen zur Kontrolle von Handgepäck erzeugen, sind normalerweise zu schwach, um die Aufnahmen auf Audio- oder Videobändern zu beeinflussen. Da die Detektoren für das abgegebene Gepäck möglicherweise stärker sind, ist es empfehlenswert, bespielte Bänder als Handgepäck mitzunehmen. Über mögliche gefährliche Magnetfelder anderer Transportsysteme wie z.B. elektrische Züge, Untergrundbahnen und Omnibusse oder andere Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb, liegen keine Informationen vor. Die Risiken sind sehr klein, es wurden keinerlei Unfälle dieser Art berichtet. Um jedoch dieses Risiko zu eliminieren, ist es ratsam, außergewöhnlich wertvolle Magnetbänder in Metallbehältern aus permeablem Material zu transportieren.

Eine größere Gefahr könnte die ständig wachsende Zahl von Elektroautos bedeuten. Solange keine verwertbaren Messergebnisse ihrer magnetischen Streufelder vorliegen, ist große Vorsicht angebracht. In diesen Fällen sollten Magnetbänder daher in Metallbehältern transportiert werden, oder man vermeidet solche Transportfahrzeuge, bis mehr Informationen vorliegen.

4.8.4 Kooperation mit speziellen Transportunternehmen. Der Transport von großen Mengen an A/V-Trägern, z.B. der Umzug kompletter Sammlungen, sollte gemeinsam mit Sachverständigen von Unternehmen für Kunsttransporte geplant und durchgeführt werden.

5 Katastrophenschutz: Feuer, Wasser und unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV)

5.1 Allgemeines

Katastrophenschutz umfasst alle Maßnahmen, um negativen Folgen von unvorhersehbaren Ereignissen aller Art vorzubeugen oder sie zumindest zu minimieren, egal ob es sich dabei um natürliche Ursachen wie zum Beispiel Erdbeben oder Unwetter oder einen von Menschen verursachten Anlass wie einen Bürgerkrieg oder eine militärische Auseinandersetzung handelt. Grundlegender Bestandteil des Katastrophenschutzes beginnt mit der Auswahl eines geeigneten Standortes für ein Archiv. Für bereits bestehende Archivgebäude und deren unmittelbare Umgebung sollte eine systematische Untersuchung nach spezifischen Gefahren durchgeführt werden. Die Vorbereitung detaillierter Pläne ist notwendig, um im Fall von unvermeidbaren Katastrophen in geeigneter Weise zu reagieren. Oberstes Gebot ist die Beachtung der Sicherheit von Personen, Mitarbeitern ebenso wie Benutzern, sowie der Erhalt der Archivbestände.

Eine detaillierte Betrachtung zum Thema Katastrophenschutz würde den Rahmen dieser Publikation überschreiten. Umwelteinflüsse und spezifische Vorbeugemaßnahmen wurden bereits im Kapitel 3 behandelt. Jedoch soll hier auf die besondere Bedeutung von Feuer und Wasser als Ursache von Katastrophen bei audiovisuellen Beständen eingegangen werden.30 Nicht zu vergessen ist schließlich die Notwendigkeit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung, weil von ihr die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit eines Archivs abhängt.


30. Zur den allgemeinen Belangen des Katastrophenschutzes siehe die Literaturhinweise.

5.2 Feuer

Der Brandvorbeugung und dem Feuerlöschen muss höchste Bedeutung eingeräumt werden. Bei der Verbrennung von audiovisuellem Material entstehen hochgiftige Brandgase mit umfangreichem Gefährdungspotenzial für die menschliche Gesundheit, einmal ganz abgesehen von der Erhaltung wertvoller Archivbestände im Brandfall. Zusätzlich zum Verlust unersetzlicher Bestände kommt die schwierige und teure Dekontaminierung der Archivräumlichkeiten.

Idealerweise sollte das gesamte Archivgebäude in Brandabschnitte mit geeigneten Abmessungen unterteilt und mit Brandmeldeanlagen (Hitze und Rauch) ausgestattet sein. In all diesen Abschnitten sollten Wände, Decken und Böden aus hitzebeständigem Material bestehen und mit automatischen Feuerlöschsystemen ausgestattet sein. In den 70er und 80er Jahren benutzte man weitgehend Halon31 zum Brandlöschen bei empfindlichen Kulturgütern, so wie es noch 1981 von der IASA (IASA-TC 02) empfohlen wurde. Wegen seiner negativen Auswirkungen auf die Ozonschicht wurden Halon und auch andere Fluorchlorkohlenwasserstoffe1989 im Protokoll von Montreal verboten. Heutzutage gibt es eine Reihe von umweltverträglichen Halon-Ersatzlöschmitteln, die sowohl für herkömmliche Materialien als auch für IT-Geräte geeignet sind und für audiovisuelle Bestände empfohlen werden.

Sogenannte „dry fog“-Systeme finden mehr und mehr Anwendung. Bei ihnen wird Wasser in Form von feinsten Tröpfchen versprüht, deren kühlender Effekt hilft, die Träger vor der Hitze des Feuers zu schützen, während der Schaden durch das Wasser sehr gering bleibt. „Dry fog“-Systeme sind für alle Arten von Archiven geeignet, sollen aber für Räume mit IT-Geräten (Servern) nicht angewendet werden. Einige Archive haben angefangen, mit sogenannten „low oxygen“-Speichern zu arbeiten, einer Methode, bei der der Sauerstoffgehalt in der Archivluft bis zu einem Punkt unterhalb der Aufrechterhaltung von Feuer reduziert ist.

Handfeuerlöscher sollten CO2 als Löschmittel enthalten. Oft benutzt in gewöhnlichen Büroräumen, aber ungeeignet für Archivräume sind Wasser, Schaum und Pulver als Löschmittel. Der Einsatz von Pulverlöschern ist zwar chemisch harmlos, aber das Entfernen des feinen Staubs von verunreinigtem Archivgut ist extrem zeitaufwendig und manchmal nur unzulänglich erreichbar.


31. Halon und seine Ersatzgase löschen Brände in Konzentrationen, die für Personen, die sich unabsichtlich in Lagerräumen im Fall einer Flutung aufhalten, nicht gefährlich sind. Vom Einsatz von Kohlendioxid (CO2), das wirksamer und billiger wäre, wird jedoch dringend abgeraten. Er ist oft auch gesetzlich wegen der enormen Gefahr von Fehlalarmen verboten.

5.3 Wasser

Abgesehen davon, dass die Luftfeuchtigkeit in einem Archiv niedrig gehalten werden sollte (3.1), muss eindringendem Wasser und seinen vielen möglichen Ursachen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Archivräume sollten daher gegen Wassereinbrüche von allen Seiten (Decken, Wände, Böden) geschützt sein. Am einfachsten wird das erreicht, wenn sich das Archiv in einer gegenüber dem Erdgeschoß gehobenen Positionen befindet. Eine wasserdichte Decke verhindert das Eindringen von Wasser durch undichte Leitungen, infolge von Unwettern oder als Folge von Löschwasser in darüber liegenden Räumen. Eine direkte Verbindung zum Kanalisationssystem sollte vermieden werden, da bei Überflutung durch einen Rückstau auf diesem Weg Wasser eindringen kann. Wenn sich ein unterirdischer Standort für ein Archiv nicht vermeiden lässt, muss sorgfältig berücksichtigt werden, wie eindringendes Wasser als Folge einer oberirdischen Überschwemmung verhindert werden kann, ganz besonders in den Tropen, wo Unwetter innerhalb kürzester Zeit große Mengen an Wasser hervorrufen können. Es kann ratsam sein, automatische Pumpen zu installieren. Auf jeden Fall soll Archivgut immer mit Abstand zum Boden gelagert werden, um bei einer Überschwemmung Zeit für Rettung und geeignete Vorbeugemaßnahmen zu gewinnen. (Zum Trocknen und Reinigen von durchnässtem Material siehe 3.1.2).

5.4 Unterbrechungsfreie Stromversorgung

Der Betrieb eines audiovisuellen Archivs hängt wesentlich von der Stromversorgung ab. Besonders für ein Digitalarchiv ist eine unterbrechungsfreie Stromversorgung unerlässlich; sie ist auch unverzichtbar für das Funktionieren von Feuermeldern und Feuerlöschsystemen. Sogar in technisch entwickelten Ländern muss eine unterbrechungsfreie Stromversorgung Teil der gesamten technischen Systems sein. Man darf nicht außer Acht lassen, dass selbst in Ländern mit einer sicheren Stromversorgung Feuer oder Naturkatastrophen zu Problemen mit der Stromversorgung führen, wofür entsprechende vorbeugende Maßnahmen verfügbar sein müssen. Sehr wichtig ist eine batteriebetriebene Notbeleuchtung bei der Evakuierung von Personen und zur Unterstützung von Katastrophenhelfern bei Rettungsmaßnahmen. Für den Fall, dass weitere Geräte und Maschinen betriebsbereit stehen müssen, wie zum Beispiel Vorrichtungen zum Abpumpen von eingedrungenem Wasser, so sind dafür geeignete selbststartende Stand-by Generatoren vorzusehen; diese müssen regelmäßig geprüft werden.

6 Schlussfolgerung

Selbst wenn alle in dieser Publikation vermittelten Richtlinien und Empfehlungen genau befolgt werden, verbleibt das statistische Risiko eines Verlustes, der nicht ausgeschlossen werden kann: Auch in einem Archiv von höchstem professionellen Standard kann der Verlust eines bestimmten Trägers nicht ausgeschlossen werden. Die einzige Maßnahme, dieses Risiko zu minimieren, besteht in der Verfügbarkeit von mindestens zwei Exemplaren jedes Archivstücks.

„Eine Kopie ist keine Kopie“

ist die Leitlinie für audiovisuelle Archive, und dieses Gebot gilt gleichermaßen für analoge wie für digitale Träger.

Literaturhinweise

Vorbemerkung zur deutschen Übersetzung: Obwohl zu manchen Themen neue Literatur erschienen ist, wurden die Literaturhinweise nicht ergänzt. Die elektronischen Links wurden im November 2021 überprüft und wenn notwendig aktualisiert. Erfolglose Links wurden mit einem entsprechenden Vermerk belassen.

Das Verzeichnis enthält eine Reihe von Artikeln, die im IASA Journal und in seinem Vorläufer, dem Phonographic Bulletin erschienen sind. Diese sind mittlerweile über die Website der IASA elektronisch verfügbar: https://www.iasa-web.org/iasa-journal

1. Allgemeines und Grundsätzliches

  • BOSTON; G. (Ed): Safeguarding the Documentary Heritage. A Guide to Standards, Recommended Practices and Reference Literature Related to the Preservation of Documents of all kinds. UNESCO, Paris 1998. https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000112676 extended CD-ROM version UNESCO, Paris 2000.
  • IASA Task Force on Selection: Marcella Breen et al.: Selection criteria of analogue and digital audio contents for transfer to data formats for preservation purposes. International Association of Sound and Audiovisual Archives (IASA) 2003. https://www.iasa-web.org/task-force
  • IASA Technical Committee: The Safeguarding of the Audio Heritage: Ethics, Principles and Preservation Strategy, edited by Dietrich Schüller (=IASA Technical Committee - Standards, Recommended Practices and Strategies, IASA-TC 03), Version 3, 2005.32 https://www.iasa-web.org/tc03/ethics-principles-preservation-strategy also available in French, German, Swedish, Spanish, Italian, Russian, and Chinese.
  • IASA Technical Committee: Guidelines on the Production and Preservation of Digital Audio Objects, edited by Kevin Bradley (=IASA Technical Committee - Standards, Recommended Practices and Strategies, IASA-TC 04), 2004. Second edition 2009. https://www.iasa-web.org/tc04/audio-preservation
  • WARD, A.: A manual of sound archive administration. Gower Publishing, England, 1990.

2. Proceedings audiovisueller Archivierungs-Konferenzen

  • Proceedings der Joint Technical Symposia (JTS)
    • Joint Technical Symposia wurden 1987 – 2000 vom Technical Coordinating Committee (TCC) of the Audiovisual Archival Associations IASA, FIAF and FIAT, organisiert, ab 2004 vom Coordinating Council of the Audiovisual Archives Associations (CCAAA).Die Themen der Artikel betreffen alle Teilbereiche dieser Bibliographie.33
    • JTS 1987 Berlin: Orbanz, E. (Ed), Archiving the Audio-visual Heritage. Proceedings of the (Second) Joint Technical Symposium, Berlin 1987. Berlin 1988.
    • JTS 1990 Ottawa: Boston, G. (Ed.), Archiving the Audio-visual Heritage. Proceedings of the Third Joint Technical Symposium, Ottawa 1990. Milton Keynes 1992.
    • JTS 1995 London: Boston, G. (Ed.), Archiving the Audio-visual Heritage. Proceedings of the Fourth Joint Technical Symposium, London 1995. Milton Keynes 1999.
    • JTS 2000 Paris: Aubert, M. and Billieud, R. (Eds), Image and Sound Archiving and Access: The Challenges of the 3rd Millennium. Proceedings of the (Fifth) Joint Technical Symposium, Paris, 2000. Paris 2000.
    • JTS 2004 Toronto (website closed).
    • JTS 2007 Toronto http://www.jts2010.org/jts2007/proceedings.html (programme only, contents unavailable).
    • JTS 2010 Oslo http://www.jts2010.org
  • Proceedings of the AES 20th International Conference Archiving, Restoration, and New Methods of Archiving, Budapest, 5-7 October 2001, AES New York 2001.

3. Träger, ihre Zusammensetzung sowie physikalische und chemische Stabilität

Dieser Abschnitt enthält neben der „klassischen” Literatur grundsätzliche und allgemeine Artikel, die die vorherrschenden Konservierungsprobleme ihrer Zeit behandelten. Die Materialien und ihre Zusammensetzungen, die für die Herstellung audiovisueller Träger verwendet wurden, waren sehr unterschiedlich, ebenso die Produktionsmethoden, die einen Einfluss auf die Stabilität haben. Die Ergebnisse dieser Artikel beziehen sich auf die untersuchten Materialien und haben daher begrenzte Gültigkeit. Verallgemeinernde Schlüsse können irreführend sein und sollten daher kritisch gelesen werden. Vgl. auch 2.2.1.1.2 -2.2.1.1.3.

  • ADDIS. M. and G.VERES: Knowledge data base and report on [U-Matic] tape condition. PrestoSpace Deliverable D 6.2, 2007. https://library.avanet.nl/d6-2-knowledgedatabase-and-report-on-u-matic-t...
  • BERTRAM, N. and A. ESHEL: Recording Media Archival Attributes (Magnetic), New York 1980.
  • BRADLEY, K.: Restoration of Tapes with a Polyester Urethane Binder. In: Phonographic Bulletin 61/1992.
  • BREMS, K.: The Archival Quality of Film Bases. In JTS 1987, Berlin.
  • BURT, L S.: Chemical Technology in the Edison Recording Industry. In: Journal of the Audio Engineering Society 10-11/1977.
  • EDGE, M.: Approaches to the Conservation of Film and Sound Materials. In JTS 2000, Paris.
  • FONTAINE, J.-M.: Eléments de caractérisation de la qualité initiale et du vieillissement des disques CD-R. In JTS 2000, Paris.
  • GILMOUR, I. and V.FUMIC: Recent Developments in Decomposition and Preservation of Magnetic Tape, in: Phonographic Bulletin 61/1992.
  • HAYAMA, F. et al., Study of Corrosion Stability on DAT Metal Tape. Paper read at the 92nd AES Convention, Vienna, March 1992. AES Preprint 3237.
  • ISOM, W.R.: Evolution of the Disc Talking Machine. In: Journal of the Audio Engineering Society 10-11/1977.
  • KHANNA, S.K.: Vinyl Compound for the Phonographic Industry. In: Journal of the Audio Engineering Society 10-11/1977.
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4. Behandlung, Umweltfaktoren und Lagerbedingungen

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    • AES-11id (2006): AES Information document for Preservation of audio recordings - Extended term storage environment for multiple media archives (= ISO 18934 2011).
    • AES22-1997 (2003): AES recommended practice for audio preservation and restoration -- Storage and handling -- Storage of polyester-base magnetic tape (= ISO 18923 2000).
    • AES49-2005 (r2010): AES standard for audio preservation and restoration - Magnetic tape - Care and handling practices for extended usage (=ISO 18933 2012).
  • ASCHINGER, E.: Report on Measurements of Magnetic Stray Fields in Sound Archives. In: Phonographic Bulletin 27/1980.
  • British Standards Institution: Guide for the storage and exhibition of archival materials. 2012. PD 5454:2012.
  • BYERS, F. R.: Care and Handling of CDs and DVDs - A guide for Librarians and Archivists. NIST Special Publication 500-252. National Institute of Standards and Technology, Washington DC, 2003. https://www.nist.gov/publications/care-andhandling- cds-and-dvds-guide-librarians-and-archivists
  • CALAS, M.-F. et J.-M.FONTAINE, Eds.: La conservation des documents sonores. Paris 1996.
  • COPELAND, P.: (2008) Manual of analogue audio restoration techniques. The British Library. London. https://www.bl.uk/help/manual-of-analogue-audio-restoration- techniques#
  • DIN 45 519, Teil 1: Magnetbänder für Schallaufzeichnung, Bestimmung der Kopierdämpfung, 1976.
  • FIAF (Ed.): Preservation and Restoration of Moving Images and Sound, Brussels 1986.
  • FONTAINE, J.-M.: Conservation des Enregistrements Sonores sur Bandes Magnetiques: Etude Biliographique. In: Analyse et Conservation des Documents Graphiques et Sonores: Traveaux du Centre des Recherches sur la Conservation des Documents Graphiques 1982-1983. Paris 1984.
  • GELLER, S.B: Erasing Myths about Magnetic Media. In: Datamation, March 1976.
  • ISO 18923:2000 Imaging materials – Polyester-base magnetic tape – storage practices.
  • ISO 18933:2012 Imaging materials -- Magnetic tape -- Care and handling practices for extended usage.
  • ISO 18934:2011 Imaging materials -- Multiple media archives -- Storage environment.
  • ISO 18938:2008 Imaging materials -- Optical discs -- Care and handling for extended storage.
  • ISO 18925:2013 Imaging materials -- Optical disc media -- Storage practices.
  • KNIGHT, G.A.: Factors Relating to Long Term Storage of Magnetic Tape. In: Phonographic Bulletin 18/1977.
  • Library of Congress: Care, Handling, and Storage of Audio Visual Materials. http://www.loc.gov/preservation/care/record.html
  • McWILLIAMS, J.: The Preservation and Restoration of Sound Recordings, Nashville, 1979.
  • PICKETT, A.G. and M.M. LEMCOE: Preservation and Storage of Sound Recordings, Washington 1959. Reprint by ARSC, 1991.
  • SCHÜLLER, D.: Preservation of Audio and Video Materials in Tropical Countries. In: IASA Journal 7/1996, 35-45. Revised edition in: IFLA, International Preservation News 54, 31-43. https://www.ifla.org/publications/international-preservation-news-1987-2...
  • St-LAURENT, G.: The care and handling of recorded sound materials (1996). https://cool.conservation-us.org/byauth/st-laurent/care.html
  • WELZ, G.: On the Problem of Storing Videotapes. In JTS 1987.

5. Lagerung, Gebäude, Klimatisierung, allgemeine Sicherheit und Katastrophenschutz

  • American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE), Ed.: ASHRAE Handbook. Four volumes. https://www.ashrae.org/technical-resources/ashrae-handbook/ashrae-handbo...
  • HÄFNER, A.: Disaster Preparedness, Response and Recovery. In: IASA Journal 42/2014.
  • IEC: Protection of structures against lightning IEC 1024-1.
  • ISO 10456:2007 Building materials and products -- Hygrothermal properties -- Tabulated design values and procedures for determining declared and design thermal values.
  • ISO 14644-1:1999 Cleanrooms and associated controlled environments -- Part 1: Classification of air cleanliness.
  • LOTICHIUS, D.: Sicherheit zuerst - auch für Tonträger. In: Phonographic Bulletin 4/1972.
  • LOTICHIUS, D.: Measures for the Preservation and for the Protection of Archived Program Property on Sound Carriers. In: Phonographic Bulletin 31/1981.
  • MATTHEWS, G.and J. Feather, ed.: Disaster management for libraries and archives. Ashgate 2003.
  • SEIBERT, A.: Guidelines for a comprehensive emergency preparedness plan incl. risk assessment, communication system, training and supplies. Library of Congress, Washington DC. http://www.loc.gov/preserv/pub/seibert (11-21 nicht gefunden)

32. IASA-TC 03 ist seit 2017 in seiner 4. Ausgabe erhältlich, die auch Video und Film mit einschließt (Link identisch). Mittlerweile ist auch IASA-TC 06 Guidelines for the Preservation of Video Recordings erschienen: https://www.iasa-web.org/tc06/guidelines-preservation-video-recordings

33. Alle zitierten Proceedings sind mittlerweile elektronisch verfügbar, zusätzlich mit denen einer ersten von FIAT und FIAF veranstalteten ersten Konferenz in Stockholm 1983, sowie vom JTS 2016 in Singapore: https://www.ccaaa.org/pages/news-and-activities/JTS-Proceedings.html

34 Die jeweiligen AES und ISO Standards sind, abgesehen von kleinen redaktionellen Unterschieden, inhaltlich identisch.

Das Technische Komitee der IASA zum Zeitpunkt der Annahme

George Boston
Kevin Bradley, National Library of Australia
Mike Casey, Indiana University Bloomington, USA
Stefano S. Cavaglieri, Fonoteca Nazionale Svizzera
Matthew Davies, National Film and Sound Archive, Canberra, Australien
Carl Fleischhauer, Library of Congress, USA
Jean-Marc Fontaine Laboratoire d’Acoustique Musicale, Frankreich
Jouni Frilander Finish Broadcasting Corporation
Lars Gaustad National Library of Norway
Ian Gilmour National Film and Sound Archive, Canberra, Australien
Bruce Gordon Harvard University, USA
Albrecht Häfner
Clifford Harkness Ulster Folk and Transport Museum, Vereinigtes Königreich
Jörg Houpert Cube-Tec International, Deutschland
Jean Christophe Kummer NOA Audio Solutions, Österreich
Drago Kunej Slovenian Academy of Sciences and Arts
Chris Lacinak AVPreserve, USA
Franz Lechleitner Phonogrammarchiv Österreichische Akademie der Wissenschaften
Hermann Lewetz Östereichische Mediathek
Xavier Loyant Bibliothèque nationale der France
Guy Marechal
Michel Merten Memnon Archiving Services, Belgien
Stig-Lennard Molneryd The National Archive of Recorded Sound and Moving Images, Schweden
Greg Moss National Film and Sound Archive, Canberra, Australien
Yvonne Ng WITNESS, USA
Marie O’Connell New Zealand Film Archive
Bronwyn Officer National Library of New Zealand
Will Prentice British Library, Vereinigtes Königreich
Richard Ranft British Library, Vereinigtes Königreich
Dietrich Schüller
Tommy Sjöberg Folkmusikens Hus, Schweden
Gilles St-Laurent Library and Archives, Kanada
Adolph Thal
Nadja Wallaszkovits Phonogrammarchiv Österreichische Akademie der Wissenschaften
Eduardo Sánchez Zamorano Fundación Harp, Mexico