5 Katastrophenschutz: Feuer, Wasser und unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV)

5.1 Allgemeines

Katastrophenschutz umfasst alle Maßnahmen, um negativen Folgen von unvorhersehbaren Ereignissen aller Art vorzubeugen oder sie zumindest zu minimieren, egal ob es sich dabei um natürliche Ursachen wie zum Beispiel Erdbeben oder Unwetter oder einen von Menschen verursachten Anlass wie einen Bürgerkrieg oder eine militärische Auseinandersetzung handelt. Grundlegender Bestandteil des Katastrophenschutzes beginnt mit der Auswahl eines geeigneten Standortes für ein Archiv. Für bereits bestehende Archivgebäude und deren unmittelbare Umgebung sollte eine systematische Untersuchung nach spezifischen Gefahren durchgeführt werden. Die Vorbereitung detaillierter Pläne ist notwendig, um im Fall von unvermeidbaren Katastrophen in geeigneter Weise zu reagieren. Oberstes Gebot ist die Beachtung der Sicherheit von Personen, Mitarbeitern ebenso wie Benutzern, sowie der Erhalt der Archivbestände.

Eine detaillierte Betrachtung zum Thema Katastrophenschutz würde den Rahmen dieser Publikation überschreiten. Umwelteinflüsse und spezifische Vorbeugemaßnahmen wurden bereits im Kapitel 3 behandelt. Jedoch soll hier auf die besondere Bedeutung von Feuer und Wasser als Ursache von Katastrophen bei audiovisuellen Beständen eingegangen werden.30 Nicht zu vergessen ist schließlich die Notwendigkeit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung, weil von ihr die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit eines Archivs abhängt.


30. Zur den allgemeinen Belangen des Katastrophenschutzes siehe die Literaturhinweise.

5.2 Feuer

Der Brandvorbeugung und dem Feuerlöschen muss höchste Bedeutung eingeräumt werden. Bei der Verbrennung von audiovisuellem Material entstehen hochgiftige Brandgase mit umfangreichem Gefährdungspotenzial für die menschliche Gesundheit, einmal ganz abgesehen von der Erhaltung wertvoller Archivbestände im Brandfall. Zusätzlich zum Verlust unersetzlicher Bestände kommt die schwierige und teure Dekontaminierung der Archivräumlichkeiten.

Idealerweise sollte das gesamte Archivgebäude in Brandabschnitte mit geeigneten Abmessungen unterteilt und mit Brandmeldeanlagen (Hitze und Rauch) ausgestattet sein. In all diesen Abschnitten sollten Wände, Decken und Böden aus hitzebeständigem Material bestehen und mit automatischen Feuerlöschsystemen ausgestattet sein. In den 70er und 80er Jahren benutzte man weitgehend Halon31 zum Brandlöschen bei empfindlichen Kulturgütern, so wie es noch 1981 von der IASA (IASA-TC 02) empfohlen wurde. Wegen seiner negativen Auswirkungen auf die Ozonschicht wurden Halon und auch andere Fluorchlorkohlenwasserstoffe1989 im Protokoll von Montreal verboten. Heutzutage gibt es eine Reihe von umweltverträglichen Halon-Ersatzlöschmitteln, die sowohl für herkömmliche Materialien als auch für IT-Geräte geeignet sind und für audiovisuelle Bestände empfohlen werden.

Sogenannte „dry fog“-Systeme finden mehr und mehr Anwendung. Bei ihnen wird Wasser in Form von feinsten Tröpfchen versprüht, deren kühlender Effekt hilft, die Träger vor der Hitze des Feuers zu schützen, während der Schaden durch das Wasser sehr gering bleibt. „Dry fog“-Systeme sind für alle Arten von Archiven geeignet, sollen aber für Räume mit IT-Geräten (Servern) nicht angewendet werden. Einige Archive haben angefangen, mit sogenannten „low oxygen“-Speichern zu arbeiten, einer Methode, bei der der Sauerstoffgehalt in der Archivluft bis zu einem Punkt unterhalb der Aufrechterhaltung von Feuer reduziert ist.

Handfeuerlöscher sollten CO2 als Löschmittel enthalten. Oft benutzt in gewöhnlichen Büroräumen, aber ungeeignet für Archivräume sind Wasser, Schaum und Pulver als Löschmittel. Der Einsatz von Pulverlöschern ist zwar chemisch harmlos, aber das Entfernen des feinen Staubs von verunreinigtem Archivgut ist extrem zeitaufwendig und manchmal nur unzulänglich erreichbar.


31. Halon und seine Ersatzgase löschen Brände in Konzentrationen, die für Personen, die sich unabsichtlich in Lagerräumen im Fall einer Flutung aufhalten, nicht gefährlich sind. Vom Einsatz von Kohlendioxid (CO2), das wirksamer und billiger wäre, wird jedoch dringend abgeraten. Er ist oft auch gesetzlich wegen der enormen Gefahr von Fehlalarmen verboten.

5.3 Wasser

Abgesehen davon, dass die Luftfeuchtigkeit in einem Archiv niedrig gehalten werden sollte (3.1), muss eindringendem Wasser und seinen vielen möglichen Ursachen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Archivräume sollten daher gegen Wassereinbrüche von allen Seiten (Decken, Wände, Böden) geschützt sein. Am einfachsten wird das erreicht, wenn sich das Archiv in einer gegenüber dem Erdgeschoß gehobenen Positionen befindet. Eine wasserdichte Decke verhindert das Eindringen von Wasser durch undichte Leitungen, infolge von Unwettern oder als Folge von Löschwasser in darüber liegenden Räumen. Eine direkte Verbindung zum Kanalisationssystem sollte vermieden werden, da bei Überflutung durch einen Rückstau auf diesem Weg Wasser eindringen kann. Wenn sich ein unterirdischer Standort für ein Archiv nicht vermeiden lässt, muss sorgfältig berücksichtigt werden, wie eindringendes Wasser als Folge einer oberirdischen Überschwemmung verhindert werden kann, ganz besonders in den Tropen, wo Unwetter innerhalb kürzester Zeit große Mengen an Wasser hervorrufen können. Es kann ratsam sein, automatische Pumpen zu installieren. Auf jeden Fall soll Archivgut immer mit Abstand zum Boden gelagert werden, um bei einer Überschwemmung Zeit für Rettung und geeignete Vorbeugemaßnahmen zu gewinnen. (Zum Trocknen und Reinigen von durchnässtem Material siehe 3.1.2).

5.4 Unterbrechungsfreie Stromversorgung

Der Betrieb eines audiovisuellen Archivs hängt wesentlich von der Stromversorgung ab. Besonders für ein Digitalarchiv ist eine unterbrechungsfreie Stromversorgung unerlässlich; sie ist auch unverzichtbar für das Funktionieren von Feuermeldern und Feuerlöschsystemen. Sogar in technisch entwickelten Ländern muss eine unterbrechungsfreie Stromversorgung Teil der gesamten technischen Systems sein. Man darf nicht außer Acht lassen, dass selbst in Ländern mit einer sicheren Stromversorgung Feuer oder Naturkatastrophen zu Problemen mit der Stromversorgung führen, wofür entsprechende vorbeugende Maßnahmen verfügbar sein müssen. Sehr wichtig ist eine batteriebetriebene Notbeleuchtung bei der Evakuierung von Personen und zur Unterstützung von Katastrophenhelfern bei Rettungsmaßnahmen. Für den Fall, dass weitere Geräte und Maschinen betriebsbereit stehen müssen, wie zum Beispiel Vorrichtungen zum Abpumpen von eingedrungenem Wasser, so sind dafür geeignete selbststartende Stand-by Generatoren vorzusehen; diese müssen regelmäßig geprüft werden.